Ty SegallTwins

Man denkt, man hat sie nun schon oft genug gehört und geschrieben, die Lobpreisungen San Franciscos und seiner Psychedelic-Garage-Rock-Szene. Zuletzt in Bezug auf das Moon Duo und jetzt das noch: Ty Segall, einer ihrer rastlosesten und auffälligsten Protagonisten, widmet sein drittes(!!!) Album für dieses Jahr explizit seiner Heimatstadt. Außerdem verneigt sich „Twins“ vor Freunden und Kollaborateuren der vergangenen Jahre und grüßt am Ende gar Neil Young.

Musikalisch wandert Segall wieder auf Solopfaden, spielt also fast alles selbst ein und lässt sich nur sporadisch von Freunden unter die Arme greifen. Betrachtet man Segalls Œuvre für dieses Jahr, so erscheint „Twins“ wie das Bindeglied zwischen der hervorragenden, manchmal auch leise Töne anschlagenden Kollaboration „Hair“ mit White Fence und dem nicht minder herausragenden monolithischen Noisebrocken „Slaughterhouse“ mit seiner Tourband. Die Produktion von „Twins“ wirkt nicht so spleenig, abgedreht wie auf „Hair“ und im Gegensatz zu „Slaughterhouse“ strukturierter und fokussierter.

Der gesamte Sound weist natürlich noch alle Segall-Attribute auf – bis zum Anschlag verzerrte Fuzz-Gitarre, psychotrope Soli, treibende oder verschleppte Rhythmen -, dem Ganzen wird aber eine geräumige Portion Popeingängigkeit beigemischt. Zudem erfolgte die Abmischung vom langen Studiobegleiter Eric „The Riff“ Bauer eher mittig im wohlig warmen Bereich, aber nicht kleistrig. Nachzuhören ist das zum Beispiel bei „Ghost“ oder „The Hill“, bei dem Segall von Birgid Dawson von Thee Oh Sees beim Gesang unterstützt wird, mit „Gold On The Shore“ gibt es sogar eine reine Akustiknummer. Insgesamt lassen sich aber – mal mehr, mal weniger offensichtlich – die klassischen Stooges („The Stooges“ und „Funhouse“) und der Sound der Motor City als Bezugsrahmen ausmachen, auch wenn textlich auf Kalifornien, die Liebe und den Strand verwiesen wird.

Bei der schieren Menge seiner Veröffentlichungen in diesem Jahr ist es schwierig, eindeutige Favoriten herauszufinden, kommt man doch nicht umhin festzustellen, dass sich Segalls Musikkosmos erst aus der Summe offenbart. Dennoch, auch das ist wahrscheinlich dem subjektiv gefühlten Überangebot geschuldet, fällt es nicht leicht, immer wieder absolute Höchstwertungen aufzurufen. Nichtsdestotrotz ist auch „Twins“ eines der Gitarrenalben des Jahres und es hat für Segalls Verhältnisse mit „Thank God For Sinners“, „The Hill“, „Would You Be My Love“ und „Love Fuzz“ einige potenzielle Hits im Gepäck.

80

Label: Drag City

Referenzen: Thee Oh Sees, The Stooges, The Fresh & Onlys, MC5, White Fence, Love

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VÖ: 12.10.2012

6 Kommentare zu “Ty Segall – Twins”

  1. […] rekurrieren explizit auf 60er-Psychedelic-Rock mit einer gehörigen Portion Punk im Hinterkopf (Ty Segall, Thee Oh Sees, The Fresh & Onlys et al.), oder auf Experimente aus Mitte der 80er, Anfang 90er […]

  2. Pascal Weiß sagt:

    Muss meine anfängliche Meinung revidieren: Komme mit dem Album inzwischen immer besser klar, sogar noch einen Schritt vor der Ty Segall Band.

  3. […] Titus Andronicus – Local Business Referenzen: Tom Petty, Japandroids, The Hold Steady, The Pogues, Bruce Springsteen […]

  4. […] als schlecht aufgestellt, davon zeugen auch Rezensionen der letzten Jahre auf dieser Seite (vgl. Ty Segall, METZ etc.), dennoch rappelt es mächtig im Karton. FIDLAR besitzen eine unbändige Energie und […]

  5. […] Segall war ja letztes Jahr nicht gerade untätig, drei Alben mit Band, in Kollaboration oder solo hat er 2012 veröffentlicht, dazu eine […]

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