Nü SensaeSundowning

Der elektrisch verstärkte Bass wird einseitig eingesetzt wie kaum ein anderes Instrument. Meist wird er der Rhythmussektion zu- und dem Gitarrenspiel untergeordnet, wenn er überhaupt Melodien spielt, so soll er die Läufe breiterer Griffbretter harmonisch unterstützen.

Und – bei allem Respekt an kleinwüchsige Muskelpakete – das ist auch meistens ganz gut so. Man höre zum Beleg nur mal, wie die Erweiterung um einen Gitarristen dem Bass-und-Schlagzeug-Duo Nü Sensae aus Vancouver bekommen ist. Man hört die bisherigen Nü Sensae noch nachklingen in den älteren Stücken „Dust“ und „Swamp Park“, der Großteil ihres zweiten Albums entstand aber als Trio, das mit „Sundowning“ ein Biest von einem Punkalbum gezüchtet hat.

Keine Frage, rohe Power brachten Andrea Lukić und Daniel Pitout schon immer auf die Bühne. Doch wo die Vorgänger-LP „TV, Death And The Devil“ die offensiven und auch melodiösen Kapazitäten der beiden unter Wert verkaufte, springen die Riffs jetzt, da sie an Neu-Gitarrist Brody McKnight überreicht werden, so kraftvoll hervor wie die markigen Bassgrooves Lukićs. Ganz zu schweigen von ihrer wüsten Stimme, die vom Bauch hoch durch gefletschte Zähne gepresst wird und auf „Swim“ auch ohne Verzerrungseffekt durchs Rückenmark schüttelt. In Kontrast und meist im Wechsel dazu steht ihr introspektiv-monotones Raunen, das die no-wavigen Ruhepole der Songs atmosphärisch unterstreicht, bis das Trio wieder zur nächsten druckvollen Attacke extrovertiert.

Die tighten Klöppel-Riffereien von „Tajna“ oder „Burnt Masks“ erfolgen dank der aufgeklarten Produktion nicht minder noisig, vielmehr weicht die Stumpfheit vergangener Aufnahmen einer Schärfung von Nü Sensaes Dynamik. Hochfrequentielle Bass-Schlagzeug-Wellen streben druckvoll davon, Geschrammel breitet sich grungig verrumpelt aus, vereint unter schneidigen Gitarren- und eingängigen Stimm-Melodien, die in den wechselnden Parts von „Whispering Rule“ sogar so variiert abgemischt sind, als sängen zwei Lukićs von verschiedenen Ecken des Raumes ein Duett miteinander – nicht die einzige Expansion, die sich auszahlt. Mit Nü Sensaes mutiger Neuausrichtung bricht „Sundowning“ als Flaggschiff eines Jahrgangs, dem es an begnadeten Krachmachern nicht mangelt, nicht erst zu neuen Ufern auf, es ist bereits dort angekommen: Im noisigen Land, wo Geifer und Teer fließen.

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Label: Suicide Squeeze

Referenzen: Huggy Bear, White Lung, Drive Like Jehu, Sonic Youth, The Stooges, The Men

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VÖ: 10.08.2012

3 Kommentare zu “Nü Sensae – Sundowning”

  1. […] Gegensatz zu ihren Landsleuten von Nü Sensae sind White Lung auch bei ihrem zweiten Anlauf noch deutlich verwurzelter im traditionellen Punk […]

  2. […] McKnight zum Power-Trio anwuchsen. Das ließ sich schon auf ihrem letztjährigen Meisterstück „Sundowning“ nachvollziehen, demnächst aber auch sicher noch etwas eindrucksvoller live. Nü Sensae spielen […]

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