AUFTOUREN 2021 – Das Jahr in Tönen

Aus Gründen ein wenig später als üblich, aber in altgewohnter Qualitätsauswahl führen wir nun das zurückliegende Jahr zum krönenden Abschluss: Heute krönen wir unsere 25 Albumhighlights aus 2021.

In ihnen sehen sich gewiss auch die letzten beiden Jahre COVID reflektiert und alles, was diese mit sich brachten, deutlich wird aber auch, dass es so etwas wie einen „Sound der COVID-Ära“ per se nicht gibt. Musik ist weiterhin, was Mensch daraus macht und kann klingen wie … nun ja, unter anderem so:


5

Turnstile

GLOW ON

[Roadrunner]

Der Anspruch, Rockmusik wieder Fun machen zu wollen, erschöpft sich bei so einigen Bands in veraltertem Humor, Sauf- und Feierbekundungen. Für ihr ihr drittes Album haben Turnstile sich freilich erst mal ein paar Mitsingrefrains und effetvolle Akkorde aufgereiht, das Ganze dann aber mit einer bunten Mischung an Feuerwerkskörpern hochgejagt (im metaphorischen Sinne ist das ja erlaubt). So erinnern sie sicher nicht zum ersten Mal an Snapcase, aber auch populärere Rockbands der 90er, wenn die Gitarren in alle Richtungen verzerrt und gebogen werden, Songs verspielte Samba- und Space-Rock-Einlagen oder radikale Tempowechsel vollziehen. Mal abgesehen davon, dass “GLOW ON” nicht optimistisch nach vorne blickt, ohne der Hinterbliebenen zu gedenken, kommt der Spaß bei Turnstile vor allem vom Spiel mit der Form des Punk. (Uli Eulenbruch)

4

Erika de Casier

Sensational

[4AD]

Nachdem schon ihr Debüt “Essentials” vor zwei Jahren ein kleines R&B-Pop-Wunderwerk war, ist das größte Wunder, dass Erika De Casier ein noch sensationelleres Album geschaffen hat. Dabei fährt der Sound der Schwedin alles andere als großspurig auf, zwischen der sinnlichen Glätte von Quiet storm und Aaliyah singt sie gefühlsintensiv, aber stimmlich reduziert halb hauchend/halb singend. So geht es auf Melodien, die sich sanft ins Gedächtnis wurmen, denn auch mehr darum, das große Drama und Herzensbrüche zu vermeiden. Es sind Songs darüber, sich von arroganten oder unfreundlichen Arschlöchern fernzuhalten, Verknalltheit nicht mit der großen Liebe zu verwechseln und vielleicht nur “Someone To Chill With” zu finden. (Uli Eulenbruch)


3

Arab Strap

As Days Get Dark

[Rock Action]

Das Übellaunige war bei Arab Strap noch nie Mittel zum Zweck, sondern seit Bandgründung eine der Hauptsäulen im Leben von Aidan Moffat und Malcolm Middleton. Das galt für das letzte Album vor geschlagenen 16 Jahren und das gilt mehr denn je für „As Days Get Dark“. Fast überflüssig zu erwähnen, dass der Albumtitel da Programm ist. Etliche existentielle Fragestellungen werden auf dem schlammigen und kräftezehrenden Weg von Falkirk nach Glasgow verhandelt, von denen eine ausgesprochene Midlifecrisis noch die harmloseste ist. Bei Alkoholismus, Existenz- und Versagensängsten fühlt sich jedes Wort an wie ein Schlag in die Magengrube. (Felix Lammert-Siepmann)


2

Cassandra Jenkins

An Overview On Phenomenal Nature

[Ba Da Bing!]

Bei allen Zumutungen, die 2021 uns allen abverlangt hat, war dieses Jahr dennoch ein sehr gutes für neue Musik. Und eine der größten Überraschungen war „An Overview on Phenomenal Nature“ von Cassandra Jenkins. Warum? Jenkins nimmt uns mit ihrem Songwriting mit einer Leichtigkeit mit auf eine Tour durch menschliche Befindlichkeiten, die mich beinahe kalt erwischt hat. Sie singt von flüchtigen Begegnungen, die dennoch Eindruck bei ihr hinterlassen haben, von den Abgründen, die der Tod bereithält, aber auch von nahezu surrealen, transzendenten Erlebnissen auf einer Party mit einem, der die Atemtechnik bereithält, um ihr Herz wieder ganz zu machen. (Mark-Oliver Schröder)


1

Low

HEY WHAT

[Sub Pop]

Wo anfangen bei Low? Die Band aus Duluth, Minnesota ist seit beinahe 30(!) Jahren dabei. Im Laufe dieser Zeit haben Alan Sparhawk (Gitarre und Gesang) und Mimi Parker (Schlagzeug und Gesang) einen in meinen Augen atemberaubenden Weg vom Slowcore der Anfangsjahre zum Jetztzustand hingelegt, der mit “Slowcore” nur mehr als unzureichend beschrieben werden kann. Zusammen mit dem Produzenten BJ Burten haben sie seit dem letzten Album „Double Negative“ einen Twist hingelegt, der so nicht zu erwarten war und der mit „HEY WHAT“ seinen bisherigen krönenden Abschluss findet. Dabei bleibt ihr Ausgangsmaterial das ihrer Instrumente, dieses wird aber fast bis zur Unkenntlichkeit überarbeitet, zerhackt, komprimiert und prozessiert, heraus kommen Songs an der Grenze zum Noise und Drone und über allem kreist Sparhawks und Parkers glasklarer Harmoniegesang, der „HEY WHAT“ bei aller ausgestellten Sperrigkeit so vertraut und zugänglich macht.  (Mark-Oliver Schröder)

Seiten: 1 2 3

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum