Schon der Titel macht deutlich: Love spins the world. Das Kreative gedeiht nicht selten aus dem Leid und Susanne Sundfør wagt schon mit „Darlings“ den Beweis, dass ihre Stimme allein genügt, einen solchen von zehn Songs nahezu alleine zu tragen. „We want to believe in love“ – jep, genau darum geht es. Darum gehen wir in Kinos und hoffen insgeheim IMMER auf ein Happy End. Denn: Es soll alles gut gehen. Tut es aber nicht (immer).

Das denkt sich wohl auch die Endzwanzigerin aus Oslo, denn schon „Accelerate“ kommt erheblich wuchtiger, fast im düsteren Synthpop-Gewand daher. Von dort aus beginnt die Reise durch das Album mit dem zentralen Thema „Ten Love Songs“, unter dem es sich die Preisträgerin des „Spellemannprisen“ – quasi der norwegische „Grammy“ – nicht so einfach macht, nur süßliche Songs anzustimmen. Es ist kein Hohelied der Liebe, das sich hier entspinnt. Es ist wohltuenderweise so viel mehr.

Dadurch, dass sich „Ten Love Songs“ wie ein Chamäleon clever an die verschiedenen Gesichter der Liebe angleicht, wird es weder langweilig noch beliebig. Es ist eben wie das Leben: Manchmal bunt, andere Male trist und traurig. Vergleicht man, fühlt man sich beim Hören an Robyn („Fade Away“, „Delirious“), oder – bei eher zarten Klängen wie „Slowly“ – an Ane Brun und andere erinnert. Aber eben auch nur erinnert, denn die Stimme Sundførs ist Visitenkarte, wandlungsfähig in oberste Höhen, dann wieder kräftig, fast rockig. Sie bietet eine Schulter zum Anlehnen im tiefsten Liebeskummer („Kamikaze“) und immer wieder auch Momente zum Durchatmen wie „Memorial“, in denen sie hofft, dass der verlustig gegangene Mensch wiederkommt. Dass sich das letztere Stück über zehn Minuten dramatisch komplex wie ein Phönix aus der Asche des Leidens erhebt, verdankt es trotz Streicherarrangements oder dem Gitarrenspiel von M83s Anthony Gonzalez alleine der Stimmgewaltigkeit aus dem hohen Norden. Auf ihr Vokalinstrument kann sich die Pianistin mit solch schlafwandlerischer Sicherheit verlassen wie auf ihre Kompositionskünste.

„Ten Love Songs“ gibt mehr, als der Titel verheißt. Denn unser Verhältnis zur Liebe ist ziemlich verkitscht, vielleicht nicht in unserem eigenen Privatleben, aber in dem, wie Kunst sie oft darstellt. Sundfør thematisiert auch dies („You can not erase me/ you can not replace me/ like they do in the movies“ in „Trust Me“), geht ins echte Leben zurück, widmet sich in einem fast als Konzeptalbum daherkommenden Werk allen Facetten, die Liebe so bieten kann. Ihr fünftes Studioalbum seit 2007 (mit 21 begann ihr musikalisches Schaffen) ist mit seinen Pop- und Klassikzügen nicht leicht zu charakterisieren: Zwischen modernen Synthesizern und klassischeren Instrumenten wie Autoharp und Rhodes Piano bis zum Cembalo verschreibt sich Sundfør keinem einzelnen Stil, sondern wagt noch mehr Vielfalt als schon auf „The Silicone Veil“. Die Art, wie diese kontrastierenden Facetten nahtlos und durchdacht ineinander übergehen, macht „Ten Love Songs“ grandios.

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