Edward Sharpe & The Magnetic ZerosHere
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Referenzen:
The Polyphonic Spree, Of Monsters And Men, Incredible String Band, The Mamas And The Papas, The Hidden Cameras
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Autor: |
Sebastian Schreck |
In der Indiedisco vor nicht allzu langer Zeit trat ich meinem dunklen, misanthropischen Gemüt ins Gesäß und hottete mit eben jenem zu dem Radiohit „Little Talks“ der Band Of Monsters And Men ab. Ich dachte (in Momenten der Verlorenheit auf dem Dancefloor zu denken qualifiziert einerseits dafür, als verkopft diffamiert zu werden, andererseits legt es Zeugnis von der Qualität der DJ-Kunst ab, meckermeckerpopecker): Frau-Mann-Wechselgesang, stampfender Folkbeat, Oldschool-Produktion, schallende Bläser und alles nach vorn, vorn, vorn … Mensch, wenn das der Edward Sharpe wüsste!
Bei dem Lied, das auf „Little Talks“ folgte, handelte es sich übrigens um „Home“. Ich musste schmunzeln, denn das war der Hit des ersten Edward-Sharpe-Albums. Dessen Catchiness war auch der Serien- und Werbe-Industrie nicht entgangen, was dem warmherzigen Oldschool-Hippie-Folk-Album „Up From Below“ 2009 doch noch ein moderates Maß an Aufmerksamkeit und Ruhm einbrachte. Wenn auch nicht soviel wie Of Monsters And Men. Es wirkt fast so, als würde eine Band die Erfolgsgeschichte der anderen weiterschreiben und in die Charts katapultieren.
Damit sei niemandem im Namen eines spätestens seit Simon Reynolds obsoleten Authentizitätsmaßstabs ein Vorwurf gemacht. Die Qualität von Alex Eberts Bandkollektiv liegt ohnehin in herzlichen und melodietrunkenen Folk-Songs, nicht in ihrer Originalität. Die ist so weit entfernt wie die Zeit, aus der das spirituell beseelte Kollektiv seine Inspiration zieht: aus Hippiekultur und Kollektiverlebnis der 60er Jahre, Gospel und Gott sind außerdem nicht fern. Die Bandentstehung aus dem drogenabhängigen, glatt rasierten Indie-Rocker Alex Ebert, der die Sängerin Jade Castrinos kennen und lieben lernte und nach einem Entzug, bei dem ihm von einer fiktiven Gestalt namens Edward Sharpe geholfen wurde, zum drogenfreien und rauschebebarteten Hippie-Folk-Messias Edward Sharpe wurde und daraufhin mit seinen liebsten Freunden musizierte … nun ja, ich habe schon spannendere und originellere Geschichten gehört.
Aber wie gesagt, Authentizität ist was für Gestrige und fürs Ghetto, wir wollen ja kaum mehr als schöne Musik hören. Da kann es auch mal klingen wie in einem Hippietraum und darin sind sich Edward Sharpe & The Magnetic Zeros treu geblieben: Schunkelig verspielter Lagerfeuer-Folk mit klappenden Rasseln und Händen überall, beseelt und entzückt bis die morgendlichen Vögel mit einstimmen. Und dazu Botschaften von Gott und Liebe, dass das innere Auge fast aufstoßen muss … Im Unterschied zum Vorgängeralbum, um sich mal um Unterscheidungsnuancen in der gleichen Suppe zu bemühen, nehmen Gospel und Gott noch mehr Platz ein, als ihnen ohnehin schon bereitstand (Gott, Liebe, Gospel: siehe „One Love To Another“).
War „Up From Below“ euphorisch und holprig jubilierend aus der Verzweiflung unendlicher Sehnsucht nach unendlicher Liebe heraus, so hat sich „Here“ an der eigenen Spirutalität und Kollektivität satt gegessen, muss sich erst mal zurücklehnen und den Gürtel etwas erweitern. Edward Sharpe & The Magnetic Zeros sind ruhiger geworden und haben die zwingenden und fordernden Songs vergessen in aller Liebesberauschtheit. Kein „Home“, kein „Janglin“, kein „I Come In Please“, sondern nur Abziehbilder solcher Hits in Fußgeschwindigkeit. „That’s What’s Up“ versucht sich z.B. vergeblich am „Home“-Prinzip. Immerhin stampft „I Don’t Wanna Pray“ recht beschwingt dahin, immerhin klingen die Bläser schön und beatle-esk (wie im gospelig knurrenden „Mayla“), immerhin laden Bläser und Orgel das Mid-Tempo-Stück „Dear Believer“ hymnisch auf.
Kaum mehr gibt es zu berichten: Die wahnsinnig soulig volle Stimme Jane Castrinos macht sich rar. Einzig an „Fiya Wata“ versucht sie sich, muss allerdings unter Chor und Gitarrensolismen buckeln. Aber na ja, ruhiger Pfeif-Folk wie „All Wash Out“ und das langsam (Gospel-)Fahrt aufnehmende „Man On Fire“ tun ja auch keinem weh.
Immerhin versuchen sich „Edward Sharpe & The Magnetic Zeros“ nicht sichtlich an der Glättung und Abhobelung der Kanten ihres Sounds für den Mainstream, aber kümmern sie sich auch um die Songs oder wollen sie nur singen und Gott und die Liebe ehren und verbreiten? Letzteres ist ja auch nicht schlimm, nur kann in einem Song mehr Liebe und Gott stecken als in aller Spiritualität der Welt. Und wenn Alex Ebert schon behauptet „One desire that’s left in me: I want the whole damn world to dance with me“, dann soll er das doch gefälligst machen. Wir wissen doch, dass er’s kann. Einstweilen verliert sich „Here“ in stumpfem Jenseits-Trallala ohne Zug und Zwang (soll heißen: nicht zügig, nicht zwingend.)
Label: Rough Trade / Beggars
Referenzen: The Polyphonic Spree, Of Monsters And Men, Incredible String Band, The Mamas And The Papas, The Hidden Cameras
VÖ: 25.05.2012
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Zwei Dumme – ein Gedanke:
http://bit.ly/MVzDES
;-)
Ich glaub, es gibt weit mehr als zwei Dumme. Nicht nur diesbezüglich, aber da besonders.
Hehe, aber das macht ja die Assoziation „Little Talks“ – „Home“ nicht falsch, nur verbreitet. Ich stimme dir in deiner Empfindung zu und du mir – das ist doch super! Empfindungen, die bejaht werden, sind tendenziell glückliche Empfindungen;)
Wenn nur die zweite Edward Sharpe bei all der Glückseligkeit mitgemacht hätte… (so schlecht ist sie ja auch nicht, nur knickt sie im Vergleich zu z.B. „Home“ mächtig ein…)