<b>Reviews:</b> Wilco | Portugal. The Man

Bestimmte Musik Jahreszeiten zuzuordnen steht ja grundsätzlich erstmal unter Generalverdacht. Besonders der Begriff des Sommeralbums weckt bei manch einem unschöne Assoziationen an Baströcke und Limbostangen, wenn nicht sogar gleich an krebsrote Bierbäuche und Sangriaeimer. Immer jedoch, wenn das Thermometer die 25°C-Marke  länger als nur für ein paar Stunden zu übersteigen droht, wollen sie dann plötzlich doch passen, diese entspannten und nur scheinbar völlig unambitionierten Platten, die einem das nachmittägliche Nichtstun im Liegestuhl versüßen und im besten Fall auch den Rest des Jahres ein klein wenig wärmer gestalten können.

wilco_albumWilco – Wilco (The Album)

„Wer macht eigentlich die neue Wilco?“, so tönte es vor einigen Wochen durch das interne Forum der auftouren-Redaktion und der Grund dafür, warum diese Frage so lange unbeantwortet blieb, lässt sich wohl eben nur in jenem „Wilco (The Album)“ selbst finden. Denn dieses ist  wirklich so unspektakulär und überraschungsarm geraten, wie der selten originelle Titel vermuten lässt. Strikt wird hier der mit dem Vorgänger „Sky Blue Sky“ begonnene Weg des gediegenen Alterswerks fortgesetzt. Der Drahtseilakt zwischen Experiment, Noise, Rauschen und unwiderstehlichem Melodiegespür, der „Yankee Hotel Foxtrott“ und „A Ghost Is Born“ zu solchen absoluten Ausnahmealben werden ließ wurde fast Vollständig zuungunsten des Wahnsinns aufgegeben. Wohl auch ein Resultat von  Jeff Tweedys ganz persönlicher Geschichte, an alte Zeite wird jedenfalls nur noch vereinzelt erinnert. Der Rest ergeht sich in mildem Wohlklang, Wärme und wenigen zurückgelehnten Gitarrensoli zwischen George Harrison und Neil Young und findet seinen Höhepunkt im wirklich wunderschönen Duett mit Leslie Feist, „You And I“. Am Ende bleibt eine Hand voll über allen Zweifel erhabener Popsongs, die hier im Vordergrund stehen wie lange nicht mehr bei Wilco, und ein angenehm entspanntes und insgesamt mehr als annehmbares Album. Von der  letzten großen amerikanischen Rockband (Washington Post) hätte man sich aber letztendlich vielleicht doch ein bisschen mehr erwartet.

6.7/10

Label: Nonesuch (Warner)

Links: Homepage, MySpace

VÖ: 26.06.2009

portugaltheman_thesatanicsatanistPortugal. The Man – The Satanic Satanist

Dass die alte At The Drive-In/Postcore-Schublade ihnen eigentlich viel zu klein ist, bewiesen die Alaskaner von Portugal. The Man ja bereits mit ihrem letzten Album „Censored Colors“. Den endgültigen pophistorischen Rundumschlag wagen sie aber erst jetzt mit diesem wunderbar psychedelisch illustrierten Album und dürften damit so manchen etwas engstirnigeren Fan erster Stunde ein für alle mal vertreiben. Besonders aufstoßen dürfte dem gewöhnlichen „Visions“-Leser hier vor allem die deutliche Schlagseite in Richtung Motown und Curtis Mayfield, die die anscheinend schon immer existente Leidenschaft der Band für klassischen Soul endlich gebührend ausdrückt und außerdem vorzüglich mit der Stimme von Sänger John Baldwin Gourley harmoniert. Ansonsten gibt es hier relaxten und unkomplizierten (im besten Sinne) Radiorock zu hören, der sich ganz ungeniert in den 60ern und 70ern bedient und die anstrengenden Progrocker aus Papas Plattenschrank, die man bei dieser Band vielleicht erwartet hätte, dabei getrost ignoriert. Ausreichend Talent für Hooklines und Melodien beweisen Portugal. The Man hier allemal, sodass man wohl von einem gelungenen Sommeralbum sprechen kann, wenn man  das denn möchte.

7.0/10

Label: Defiance (Cargo)

Links: Homepage, MySpace

VÖ: 17.07.2009

2 Kommentare zu “Reviews: Wilco | Portugal. The Man”

  1. […] auf der Suche nach einem entspannt nostalgischen Sommeralbum ist, das ganz ähnlich der letzten Portugal. The Man die afroamerikanischen Ursprünge von Rockmusik aufarbeitet und dabei ganz unspektakulär Seele […]

  2. […] dem verhältnismäßig mauen letzten „Wilco (The Album)“ hätte man fast vergessen können, dass eine neue Platte von Wilco […]

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