Der Liedschatten (18): Ein Tanz ums Mondkalb

Der Mond, was für ein herrlicher Anlass zu schwadronieren, einen kleinen Tanz mit dem Kalb zu wagen, es zu zermahlen und den silbrigen Staub in klarkaltes Wasser zu rühren! Ein mit zittriger Hand genossener Trunk auf Dich, wenn Du flammend rot den Himmel erfüllst, ein Geschenk der Fülle, vergeudet an den Schlaf! Wessen Wege Du erleuchtest, dessen Worte benötigen nicht den Widerhall in den Reden tageszerfahrener Unübersichtlichkeit, Du weihst die Stunden, in denen kein Geschäft die Schritte lenkt, wenn der Wunsch nach Besitz als das offenbart wird, was er ist: die Flucht in eine Ferne, die nicht blau ist, deren Farben verramscht und geschichtet werden. Trachtet man, so streut man seinen Blick und befiehlt dem Inneren, sich dem Außen zu unterwerfen, ein schlechtes Abbild des von anderen Gewollten … ach, wenn der Mond doch nur immer schiene.

Was sind die Stunden der gleichbahnigen Sonne gegen sein verschöntes Schwinden, wie viel treffender ist seine Schmalheit als der ewig blendende Prunk der stets runden Feuerschleuder! Wessen Leben ist schon ein Wechsel von Ruhen und Strahlen, wie viel Lüge liegt doch darin! Der Mond treibt nicht an, er hält nicht ab, hält den Schlaf der Werke fern, belebt nur die undienlichen Kräfte und leistet dem Unnotwendigen Gesellschaft.

Was man mir empfahl, ist die Ruhe der Nacht, was man von mir verlangt, ist die Kraft der Tage, immer wieder von der Gleichgültigkeit der Sonne versorgt. Mein Erwähltes aber ist ein nächtliches Gewächs in Deinem hellen Schatten, aus feinen Fäden ein sterniges Tuch, das den Wind sichtbar macht. Seine Betrachtung trennt mich vom Hass.

Hach, so kann man sich auslassen, und das ist nur ein klitzekleines bisschen im Vergleich zu Mythen und Märchen, Sagen und Science Fiction. An anderen Stellen wird der Mond ja gar nicht genügend gewürdigt, ein wenig muss man schon am Rad drehen. Tagsüber geht’s immer nur darum, ob wer drauf war oder nicht, vielleicht mal noch darum, dass er irgendwann mal auf die Erde fallen könnte oder auch werde, er durch einen Kometeneinschlag entstanden sei und andere Dinge, die man einfach wissen kann oder will, so man mag. Und die Sonne erst, immer scheint sie den tätigen Menschen, und was wird nicht alles für ein Murks fabriziert, nein, hübsch ist das nun wahrlich nicht. Man kann gar nicht umhin, die Nacht zu mögen, vielleicht noch Morgen- und Abenddämmerung, aber da ist der Mond ja auch schon da. Tageslicht selbst aber ist unerbittlich.

Lernen wir aber noch ein wenig: das unterhaltsame „Urban Dictionary“ hat in Sachen „Lunatic“ (vom lat. „luna“, Mond) das Folgende zu sagen: „Before electricity was invented, full moons would cause masses of people to come out of their houses at night and frolic under the moonlight.“, das ist doch sehr hübsch. Weniger romantisch ist die folgende Erklärung: „Crazy or psychotic person“. Nun ja, das passt auch, schließlich lernen wir an dieser Stelle auch „It used to be popular belief that insane and psychologically disturbed people had been effected by the phases of the moon.“

Der Mond ist also für allerlei Außerweltliches verantwortlich und zuständig, ein Objekt für Fantasten jeglicher Couleur. Doch er ist mehr als das.

Gus Backus “Der Mann im Mond”, Oktober 1961

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Ist er am Ende gar besiedelt? Nein, noch nicht wirklich, sieht man von der Sagengestalt des Mann im Mondes einmal ab. Und warum ist er dort? Er verstieß gegen das Gebot des christlichen Gottes die Heiligung des Sonntags betreffend und wurde strafversetzt. Gott sprach: „Ich muss dich dafür bestrafen. Du darfst dir die Strafe aber selbst auswählen. Willst du in den Mond oder in die Sonne verwünscht werden?“ Darauf sagte der Mann: „Wenn es denn sein muss, so will ich lieber im Mond erfrieren als in der Sonne verbrennen.“ Gott muss, der Arme.

Im Mond ist also ein Mann, und Gus Backus, gebürtiger US-Amerikaner und in Deutschland Anfang der 60er für allerlei, nun ja, spaßige Trink- und Faschingslieder geschätzt, widmet sich dieser Gestalt und stellt die drängenden Fragen: „…wohnt der Mann denn auf dem Mond auch schön? Hat er genau wie wir auch eine Mondscheinbraut … man wuesste gern, wie sich die Frau im Mond frisiert“, fragt nach den Mond-Modetänzen und bedauert ihn, denn „Er schaut uns bang von oben zu und fragt: Wie lang hab‘ ich noch Ruh?“.

Was soll man nur dazu sagen … recht viel fällt dazu nicht ein, was aber nur zu gut passt, das Stück ist ja auch ein wenig arg einfallslos. Der Mond mitsamt Einwohnerschaft hätte weitaus mehr hergeben können, und auch Gus Backus wäre sicherlich zu mehr fähig gewesen, war er doch immerhin einmal Mitglied der Doo-Wop Gruppe The Del-Vikings. So etwas also kommt heraus, wenn man den Leuten gibt, was sie wollen. Lasst es uns eine Lehre sein.

http://www.youtube.com/watch?v=xr1izuBCobU

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