Rina SawayamaSAWAYAMA

Wie kann sich Musik gleichzeitig nostalgisch und futuristisch anhören? Schon 2017 beantwortete Rina Sawayama diese Frage auf ihrer EP „RINA“ mit Leichtigkeit. Ihr Sound erinnerte an den R’n’B und Pop der späten 90er/frühen 2000er wie Christina Aguilera und Britney Spears, hatte aber gleichzeitig einen modernen Anstrich und die Gewissheit, dass hier jemand genau weiß, was sie tut. „RINA“ war Verneigung und Erneuerung zugleich und, was vielleicht noch wichtiger ist, voller Hits. Pophymnen von der Qualität eines „Cyber Stockholm Syndrome“ schreibt manche*r Künstler*in nur einmal im Leben, auf „RINA“ hat so gut wie jeder Song dieses Gütesiegel verdient. Mit „SAWAYAMA“ hält die in Japan geborene Britin an ihrem Revival-Pop fest, gibt ihm aber einen neuen Spin, der an ein anderes prägendes Genre der Jahrtausendwende erinnert. Schon die ersten drei Songs zeigen, in welche Richtung es gehen soll: „Dynasty“ ist Rock-Oper, „XS“ kontrastiert einen mitreißenden Refrain mit Nu-Metal-Riffs und „STFU!“ ist Metal mit Bubblegum-Chorus. Dieses Konzept wird nicht in jedem Song durchgezogen, es finden sich auch wieder reine Pop-Stücke, was der Vielseitigkeit des Albums aber nur zugute kommt. Ebenso hilft, dass auch diesmal kein Song so wirklich abfällt. Sei es das im ersten Moment sehr kitschig klingende „Paradisin‘“, das das Saxophonsolo auspackt, oder der langsame Elektro-Pop von „Bad Friend“, der Gospelchöre herbeibeschwört – fast jeder Song weiß die Spannung hochzuhalten. Musik wie diese birgt die Gefahr, irgendwann vom subversiven Meta-Pop ins Generische abzudriften beziehungsweise den Bereich der Hommage zu verlassen und zu sehr nach Abklatsch zu klingen. Hier passiert das selten; gerade die Nu-Metal-Elemente sind oft das nötige Salz in der Suppe. All den Referenzen aus dem Musikbaukasten der frühen 2000er zum Trotz, beweist Sawayama einmal mehr, dass sie nicht nur ein Händchen für gutes Songwriting hat, sondern auch weiterhin Nostalgie-Pop für das Jahr 2020 schreiben kann.

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