Matthew Barnes, die künstlerische Kraft hinter Forest Swords, hatte schon immer ein Faible für Klänge, die an längst vergangene Zeiten erinnern. Seine Debüt-EP „Dagger Paths“ spielte mit solchen Sounds, das nachfolgende Album „Engravings“ nutzte ebenso Elemente asiatischer Musiktraditionen. In der Folge komponierte Barnes auch für ein Computerspiel der „Assassin‘s Creed“-Reihe, das historischen Bezug auf Paris im 18. Jahrhundert nimmt.

Auf „Compassion“ lauert ebenfalls die Idee, sich einer Form altertümlicher Soundästhetik zu bedienen. Allerdings dürfte der Titel des Albums erst einmal zu Irritationen führen. Ein erster Hördurchgang sowie ein Blick auf die Trackliste lassen Assoziationen aufkommen, die mit Mitgefühl wenig zu tun haben. „Panic“, „Vandalism“, „Sjurvival“, „Knife Edge“ – vor dem geistigen Auge manifestieren sich Bilder eines mittelalterlichen Schlachtfelds, zerstörter Dörfer und verzweifelter Menschen, die vor dem drohenden Chaos fliehen. Bezeichnend, dass das Album mit „War It“ beginnt: Ein Fanfarenchor und daraufhin einsetzende Kriegstrommeln lassen derartige Assoziationen sofort aufkeimen und legen das Thema des Albums fest.

Damit klingt es wie der Soundtrack zu einem historischen Kriegsfilm, der noch nicht gedreht worden ist. „Panic“ wird schon fast poppig, generiert aber im gleichen Atemzug Gänsehaut, wenn ein Sample „I feel something’s wrong/ but the panic is on“ ausruft. „Arms Out“ macht auf der Mitte des Albums dann irgendwie wieder Hoffnung, welche aber spätestens das düstere „Sjurvival“ zerstört: Der tiefe Bass und die klagende Hauptmelodie zeigen, dass es in diesem Szenario keine Gewinner geben kann.
„Raw Language“ ist dann so etwas wie der Soundtrack zur alles entscheidenden Schlacht. Treibende Chöre und Streichermelodien werfen noch einmal alles nach vorne, doch kurz danach zerstört der letzte Song des Albums, „Knife Edge“, die Illusionen auf einen positiven Ausgang. Traurige Klaviersamples und fragmentierte Stimmen untermalen die Bilder eines Schlachtfelds, auf dem kein Leben mehr herrscht – hier passt der Albumtitel doch gewissermaßen wieder.

Nach und nach leitet Barnes damit durch ein Album, das alle Facetten einer Zivilisation, die sich im Krieg befindet, aufzudecken weiß. „Compassion“ spinnt ein bestimmtes Narrativ und versteht es, durch größtenteils instrumentale Songs Kopfkino zu erzeugen. Die Grundidee der Musik von Forest Swords, eine antiquiert anmutende Klangästhetik mit modernen, digitalen Sounds zu verbinden, führt er damit konsequent fort. Und am Ende steht die Frage: Ist das noch das Soloalbum eines Künstlers oder schon der Soundtrack zu einem Film?

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