Parquet CourtsHuman Performance
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Label:
Rough Trade / Beggars
VÖ:
08.04.2016
Referenzen:
The Velvet Underground, Pavement, New York Dolls, Sonic Youth, Minutemen, Tyvek, The Fall
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Autor: |
Felix Lammert-Siepmann |
Viele greifbare Erinnerungen sind nicht mehr übrig von diesem Abend im Berliner Hochsommer 2014. Der Chef reichte mir ganz zu Beginn dankenswerterweise eine gekühlte Flasche Bier, mit der ich hastig meine Schläfen und meine Stirn kühlte, bevor ich sie in einem Zug leerte. Nach dem Konzert dann noch eine Runde kickern, danach raus in die Nacht, in der ich wie gewohnt einige Chancen liegen ließ.
Parquet Courts waren schon damals eine recht große Nummer, es war also kein Wunder, dass das Konzert annähernd ausverkauft war. „Sunbathing Animal“ war gerade erschienen und schaffte es tatsächlich, seinen Vorgänger in vielerlei Hinsicht noch zu toppen. Verstaubt, lässig und allzeit tanzbar präsentierten sich die New Yorker auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Schon damals konnte die Band relativ wenig vom Studio auf die Bühne transportieren, die Gestik bewegte sich von Beginn an im Bereich übercool bis unnahbar und war am Ende irgendwie auch egal: Ein verschwommener, doch gleichzeitg höchst faszinierender Eindruck verfestigte sich.
In diesem Sinn wäre es auch unnötiger Aufwand, zu recherchieren, ob „Berlin Got Blurry“ irgendetwas mit den Erfahrungen genau dieses Zwischenstopps zu tun hat, neben dem urkomischen „Pathos Prairie“ ist er jedenfalls der schlagkräftigste Song. Beide atmen noch perfekt die Western-Atmosphäre der Vorgängeralben ein, verziert mit etlichen pittoresken Momenten auf kleinstem Raum zwar auch schon reduziert, aber gewissermaßen immer in die Offensive gehend.
Das Gros spiegelt auf „Human Performance“ dagegen exakt die Livedarbietung von damals wider. Man erwischt sich ein ums andere Mal beim Abwägen, ob das bloß zur Schau gestelltes Desinteresse ist oder doch ein tiefergehender künstlerischer Anspruch hin zu den minimalistischen Ursprüngen des Punk. In jedem Fall testen Parquet Courts permanent die Grenzen des Machbaren aus. Das vorsichtige Hineinschlurfen in einen Song versandet nicht selten direkt im Ansatz. Setzt es sich doch einmal in Bewegung, versteht die Band es perfekt, jeden aufkommenden Funken Euphorie zu stoppen – eine willkommende Abwechslung gegenüber permanent freudestrahlender Automatismen im Musik-Business.
Entziehen kann man sich diesem Charme somit nicht. Ganz abgesehen davon, dass die erzählten Geschichten mit ihrer „working class meets art school“-Romantik von Beginn an vergnügen, sorgen die scheinbar unendlich vielen nostalgischen Rückgriffe für die nötige Wärme in einer kalten, antriebslosen Umgebung.