Mac DeMarcoAnother One

Glaubt mir – solltet ihr euch (was ich für unwahrscheinlich halte) zwischendurch mal gefragt haben, wie nochmal Mac DeMarco klingt, wird dieses Defizit bei seinem neuen Album „Another One“ nach zwei Sekunden behoben. Es gibt wohl sonst niemanden, der so melodiös den Eindruck erweckt, als liefen Instrumente und Stimme in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, auf einer gemeinsamen Spur. „The Way You´d Loved Her“ ist ein zweieinhalbminütiger Einstieg in das neue Minialbum des Kanadiers, das die alte Vertrautheit unvermittelt wieder herstellt. DeMarco erschafft, ohne platt zu wirken, mit seinen Songs eine Atmosphäre wie am Küchentisch zum sonnigen Sonntagmittag. Die WG kommt zusammen, um das Resümee des Wochenendes beim ersten starken Kaffee des Tages zu ziehen. Man erzählt sich von Eroberungen und Verlusten und ist ein wenig sentimental.

„No Other Heart“ ist ein solches Stück, in dem DeMarco eine Beziehung analysiert und nicht verstehen kann, dass das, was er zu offerieren hat, nicht zu genügen scheint. Insgeheim denken wir doch alle, wenn wir uns verlieben, dass der andere nur uns zu gewinnen und eben nichts zu verlieren hat. Dabei könnte DeMarco jemand sein, mit dem man sich nicht gut streiten kann, denn er kennt – zumindest musikalisch – keine Höhen und Tiefen im Sinne von Aggression und Trauer. Er kommt ganz gut klar mit dem, was sich Leben nennt. Die Steel Guitar vor sich hin spielend nimmt er dann auch durchaus mal etwas Tempo auf („Just To Put Me Down“), wobei es hier ebenfalls um den Themenklassiker des Verlassenwerdens geht – der Flug in die Höhe der Verliebtheit, auf die ein jäher Absturz und ein bitteres Fazit folgen, eben nur hoch gehoben worden zu sein, um so richtig in den Dreck geworfen zu werden. Und immer, wenn man den Refrain zur Genüge gehört zu haben vermeint, spielt DeMarco mit seiner Stimme und zieht damit die offensichtlich erhaltene Verletzung fast ein wenig ins Lächerliche.

Ansonsten ist DeMarco niemand, der extrem viel mit „Another One“ riskiert. Wer die anderen Alben mochte, wird auch dieses mögen, doch erstmalig ist hier vielleicht so etwas wie ein Grauton möglich. Das letzte Album polarisierte, es gab Menschen (wie mich), die völlig von diesem Menschen geflasht waren und sein „Salad Days“-Album liebten und jene, die so gar keinen Zugang zu dieser Art von Slacker-Musik fanden. Auch diesmal eignet sich das Album als Soundtrack für einen Coming-of-age-Film um Leute Mitte 20, die verwirrt den Sinn des Lebens suchen, zuviel trinken, vögeln und feiern, um dann eben Sonntagmittags verkatert am Küchentisch festzustellen, dass das auf Dauer keine Lösung ist. „A Heart Like Hers“ ist dementsprechend schon fast ein wenig belanglos. Als fünfter Song des Albums steht er eng am roten Faden des Gesamtwerks, ist aber auch schon fünfter in einer abwechslungsarmen Reihe. Und so gibt es vielleicht diesmal erstmalig Menschen, die sich nicht am Werk reiben, sondern es einfach langweilig finden werden. Dennoch gibt es echte Perlen wie „I´ve Been Waiting For Her“, wo Gitarre und Stimme miteinander spielen, einander umschmeicheln und Spannung herstellen. Man will das Ende der Geschichte wissen und bleibt dran, weil sie abwechslungsreich erzählt wird und sich von anderen abhebt.

Spätestens bei „Without Me“, als es schon wieder um Liebeskummer geht, wirkt das Album monothematisch – was man anderen sicher verzeihen würde, wenn sie dichter und weniger laps daherkämen. Das wahrlich soundtrackige „My House By The Water“ ist dann als Abschluss so merkwürdig, dass man mit einem Fragezeichen zurückbleibt – vielleicht sollte man der darauf ausgesprochenen Einladung zum Kaffee einfach mal folgen. Die Schwäche von „Another One“ liegt in der vielleicht unbewussten, aber umso mehr vorhandenen Attitüde des Stillstands. DeMarco liefert solides Handwerk, das immer noch andere um Längen schlägt, doch ist ihm noch mehr zuzutrauen. Sein Talent zum eigenständigen und von Stilrichtungenauch losgelösten Handeln stellt dieses Werk an vielen Stellen bereit.

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