MGMTMGMT

Wer mit MGMT immer noch „Kids“ oder „Time To Pretend“ verbindet, sollte sich von dieser Vorstellung lieber verabschieden. Dass mit diesen MGMT nicht mehr zu rechnen ist, wurde bereits mit „Congratulations“ deutlich. Dessen Nachfolger „MGMT“ zeigt nicht nur durch den Titel Selbstbewusstsein, sondern auch durch einen eigensinnig stringenten Stil, ohne es auf Hits anzulegen – Psychedelic Pop durch Improvisation.

Wenn man an MGMT denkt, fällt einem dabei zuerst der Hit „Kids“ ein, den selbst Nicolas Sarkozy ohne Genehmigung für seinen Wahlkampf einsetzte. Nicht nur dadurch wird dem geneigten Musikliebhaber die Laune vergehen. Entweder war einem der Indie-Disco-80er-Synthie-Stil schon immer zuwider, tat einem der Song nach dem hundertsten Mal Hören nur noch in den Ohren weh oder „Kids“ war von Anfang an viel zu mainstreamig, glattgebügelt und hitorientiert. Auch die Männer hinter MGMT, Ben Goldwasser und Andrew VanWyngarden, wissen um ihre Sünde und deren Folgen.

Der Nachfolger zum Debüt „Oracular Spectacular“ musste und sollte anders werden und das wurde er auch. „Congratulations“ war kantiger, trotzdem hip – ein launiger Teenie in seiner Pubertät, der auf Rebellion setzt, sich aber nicht als stillos beschimpfen lassen möchte. „Das wahrscheinlich hitreichste hitlose Album der Welt“, schrieb der Musikexpress und wählte es zur „Platte des Jahres 2010“. Für viele andere aber war es ernüchternd. Da ein wenig Psychedelic, hier ein bisschen Rock, Indie auf Sparflamme, dafür viel Avantgarde-Pop. Das schien nicht ganz die Erwartungen zu erfüllen, die das Debüt mit den großen Hits „Time To Pretend“, „Electric Feel“ und natürlich „Kids“ weckte. Sollte es so sein? Hätten MGMT nicht einen Hit drauflegen können, der zwar eine andere Richtung vorgibt, aber dennoch eingängig ist – eine Nebelbombe legen, um von den früheren Erfolgen abzulenken, welche die Sicht auf die musikalische Weiterentwicklung verzerrt? Na gut, vielleicht auch erst mal im Nebel verstecken und bestenfalls nicht von sich reden machen. Sich Zeit nehmen, um den Weg für eine neue Richtung zu legen. Anerkennung gern, aber keine große Aufmerksamkeit in den Charts.

Mit ihrem gleichnamigen Album haben MGMT den Turn geschafft, die natürliche musikalische Entwicklung hat sie zur eigenen Interpretation von Psychedelic getrieben. Denn was hieran vor allem auffällt, das sind das Flirren, das Hallen und das Brechen von Erwartungen. Die meisten Stücke erschuf das Duo durch Improvisation, um ihnen Entfaltungsraum zu geben. Dass MGMT sich ihren eigenen Namen für diesen Albumtitel aufgehoben haben, verdeutlicht, wie wohl sie sich mit dem Ergebnis fühlen.

Songs werden ausgereizt, es knarzt, schnurrt und fiepst, Bögen werden gespannt und wenn der Hörer sich doch im poppigen Rhythmus wähnt, ist die kosmische Explosion, die den Sound vernebelt, den Hall verstärkt und die Stimmung berauscht, meist nicht weit („Plenty Of Girls In The Sea“). Der jetzige musikalische Stil könnte als poppiges Pendant zu The Flaming Lips taugen, mit denen zusammen Goldwasser und VanWyngarden nach ihrem erfolgreichen Debüt 2008 kollaborierten (ihre damalige Produktion für Jay-Z hingegen wurde von diesem als zu überdreht abgelehnt). „Worm Mountain“ erfuhr zwar keine große Aufmerksamkeit, war jedoch richtungsentscheidend für die weitere Entwicklung des Duos. Ein weiterer Faktor dafür ist sicher der langjährige Flaming-Lips-Stammproduzent Dave Fridmann, der auch sämtliche Alben von MGMT produzierte oder zumindest für deren Abmischung sorgte.

Wer nun nach Hits fragt … Nun ja. Auf so richtige Hits legt es „MGMT“ wieder nicht an, ist aber in seiner Stringenz absolut hörenswert. Es bedarf nicht bloß eines einzigen Songs, um das Prinzip der gesamten Platte klar zu machen, ganz im Gegenteil überrascht vieles durch Unberechenbarkeit. MGMTs drittes Album ist die eigene Interpretation von Pop fernab des Mainstreams, ohne konsumorientiert, publikumswirksam und allgemeinen Erwartungen entsprechend zu agieren. Einen Hit gibt es darauf aber vielleicht doch: Besonders in Verbindung mit dem Clip sollte der Song „Your Life Is A Lie“ in bester Erinnerung bleiben – eine herrlich absurde Kritik an der NSA, oder doch nur abstrakt-bekiffter Nonsense?

Ein Kommentar zu “MGMT – MGMT”

  1. was hat man im vorfeld über dieses album nicht alles gelesen: fast unhörbar, völlig verspuhlt, null pop, kommerzieller selbstmord etc. pp. alles mumpitz. vom sounddesign näher an oracular als an congratulations.
    für mich eine der überraschungen des jahres, das höre ich mir, im gegensatz zu haim, gerne nochmal an.

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