Queens Of The Stone Age...Like Clockwork
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Label:
Matador/Beggars
Referenzen:
Them Crooked Vultures, Fu Manchu, Clutch, Melvins, Soundgarden, The Black Keys
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Autor: |
Daniel Gerhardt |
Wahrscheinlich hat nicht mal Josh Homme geglaubt, dass die „Era Vulgaris“ sechs Jahre andauern würde. 2007 ist die letzte Platte seiner Queens Of The Stone Age unter diesem Titel erschienen, die Zeit seitdem hat der Frontmann und letzte verbliebene Mitbegründer der Band als Familienvater und Gelegenheitsmusiker auf den Platten anderer Leute verbracht.
Seinem Ruf als Elder Statesman des Hardrock hat diese Pause wahrscheinlich mehr gebracht als es ein oder zwei neue Alben der Queens Of The Stone Age jemals gekonnt hätten: Biffy Clyro und Arctic Monkeys, zwei der erfolgreichsten Rockbands in Großbritannien, zeigten sich in den letzten Jahren beeindruckt und beeinflusst, Savages-Sängerin Jehnny Beth bezeichnete Homme außerdem kürzlich in einem Interview als „den Elvis unserer Zeit“. „…Like Clockwork“ besiegelt das Comeback der Queens Of The Stone Age also im richtigen Moment. Ähnlich hohes Ansehen genoss die Band zuletzt vor elf Jahren nach der Veröffentlichung des vielseitig urgewaltigen „Songs For The Deaf“. Dass sie seitdem keinen wirklich bedeutenden Moment mehr hatte, daran scheint sich niemand erinnern zu können.
„…Like Clockwork“ kommt mit allem im Rücken, was eine Rockplatte des Jahres 2013 braucht. Die Marketing-Kampagne, die seit Monaten auf das Album vorbereitet, ist bis hierher makellos verlaufen, neue Details werden im „Lost“-Stil regelmäßig verraten, ohne dass man danach wirklich schlauer wäre. Dass die Queens Of The Stone Age vom Marktführer Universal zum Vorzeige-Indie Matdor gewechselt sind, ist außerdem gut für die Coolness, verblasst aber als Randnotiz neben der Gästeliste von „…Like Clockwork“. Diese Gästeliste ist das Ass im Ärmel der sechsten Queens-Platte. Sie umfasst die (früher mehr oder weniger festen) Mitglieder Mark Lanegan, Nick Oliveri, Alain Johannes und Joey Castillo sowie – nach aufsteigender Absurdität geordnet – Hommes Ehefrau Brody Dalle, Dave Grohl, Trent Reznor, Alex Turner (Arctic Monkeys), James Lavelle (UNKLE), Jake Shears (Scissor Sisters) und Sir Elton fucking John.
Eigentlich wäre also schon alles gut, wenn die zehn Songs auf „…Like Clockwork“ bei dieser als Triumphzug inszenierten Rückkehr nicht im Weg stünden. Umso höher ist es den Queens Of The Stone Age anzurechnen, dass sie eine Platte aufgenommen haben, die mehr will als ihren Status zu behaupten. „…Like Clockwork“ ist verhältnismäßig ruhig und geradlinig, es bedient sich in allen Schaffensphasen der Band, ohne wirklich mit seinen Vorgängern vergleichbar zu sein. Dabei ist schon der Auftakt symptomatisch: Die Granitblock-Gitarre von „Keep Your Eyes Peeled“ bereitet auf einen typischen Queens-Slowburner vor, der sture Fünf-Minuten-Song bleibt aber nicht der einzige, der sich den letzten Ausbruch verkneift. „Like Clockwork“ ist eine um Kontrolle bemühte Platte. Wer wegen Oliveris Gastgesang auf einen Aggro-Freakout wie „You Think I Ain’t Worth A Dollar“ von „Songs For The Deaf“ gehofft hatte, wird enttäuscht.
Stattdessen schreitet „I Sat By The Ocean“ mit klassischer Akkordfolge voran und wird zum poppigsten Hit der Band seit „The Lost Art Of Keeping A Secret“ vor 13 Jahren. Homme singt dazu das Lied eines unglücklich Verliebten, der sein Elend im Alkohol ertränkt – ein origineller Texter wird er vermutlich nicht mehr, ein hervorragender Sänger ist er aber weiterhin. Auf „…Like Clockwork“ pendelt Homme zwischen seinem nah am Wahnsinn gebauten Falsett und einem befehlshaberischen Ton, mit dem er eine erstaunliche Dringlichkeit aus Zeilen wie „If life is but a dream / Wake me“ herauszwingt. Neu ist eine stimmliche Sanftheit in den Klavierstücken „The Vampyre Of Time And Memory“ und „Like Clockwork“: Würden diese nicht irgendwann ins Zwielichtige überkippen, wäre vor allem „Vampyre“ wohl nicht mehr vor seinem Schicksal als erster Softrock-Song der Queens zu retten gewesen.
Solche Ausreißer vermeidet Homme zugunsten der Geschlossenheit des Albums. Selbst das unruhige Geholze von „My God Is The Sun“ und das abermals straighte „If I Had A Tail“, das zu Beginn „Lady Marmelade“ und den Girl-Group-Klassiker „Da Doo Ron Ron“ zitiert, stehen auf „…Like Clockwork“ in einheitlicher Stimmung nebeneinander. Oberflächlich betrachtet fehlen der Platte deshalb die Höhepunkte – sogar der gehypte Schlagzeugauftritt von Grohl verläuft ungewöhnlich zurückhaltend und keiner der schwer zuzuordnenden Gastbeiträge überschattet den eigentlichen Star des Albums, Hommes Trockendock-Gitarrensound. Möglicherweise war auch das Teil des Masterplans: Mit mehrmaligem Hören entpuppt sich „…Like Clockwork“ nämlich als Hardrock-Platte voller Schräg- und Eigenheiten, die dem wertkonservativen Genre meistens fremd sind. Schon das allein macht es zur Seltenheit. Sieben Jahre Pause haben aber auch nicht geschadet.
Mit den für die Band ungewöhnlich ruhigen „The Vampyre Of Time And Memory“ und dem Titelsong habe ich mich anfangs auch schwer getan. Da ist Robbie Williams ein sattes Stück näher als bspw. Kyuss. Nachdem die Erwartungshaltung nach mehrmaligem Hören in den Hintergrund gerückt ist, reihen sich die beiden Songs aber prima ein. Insgesamt wirklich ein sehr ausgeglichenes, tolles Album.
Bin also völlig bei Dir, Daniel: Die Beschreibung „Hardock-Platte voller Schräg- und Eigenheiten, die dem wertkonservativen Genre meistens fremd sind“ finde ich absolut passend.