The WalkmenLisbon

„Lisbon“, das sechste Album von The Walkmen, ist für und aus dem (musikalischen) Moment heraus gemacht. Momente, die einen dazu zwingen, immer wieder zurück zu spulen und wegen denen man manisch vor der Anlage sitzt.

Kaum eine Aufnahme, die sich vage in dem Feld Indierock-Gitarrenmusik bewegt, spielt besser mit der Leere als Soundelement. Die Songs der New Yorker entfalten sich Instrument für Instrument, ein bisschen wie Minimal-Art in den Pastelltönen des Albumcovers. Die Texte sind dabei immer noch Lamenti auf die verlorene, verpasste, verdrängte Liebe – aber vorgetragen mit weniger Pathos und mehr Surfrock-Schlagzeug. Was schon „You & Me“ auszeichnete – das Faible für den warmen Klang – zieht sich auch wieder durch „Lisbon“. Man möchte sich vorstellen, dass die Mikrophone so lange im Studio umgestellt werden, bis der Sound auch den höchsten Ansprüchen gerecht wird.

Die Band spielt vor allem Vintage-Instrumente, die Gitarren treffen genau den richtigen Klang zwischen Alt und Neu, ohne an Nostalgie oder Purismus zu kratzen. Und dann gibt es dauernd diese Momente: Den Bass bei „Angela Surf City“. Wenn bei „Stranded“ im Refrain erst die Band aus- und dann mit einem Shufflebeat wieder einsetzt. Das leise klackernde Schlagzeug auf dem abschließenden Titeltrack. Die Aufzählung kann beliebig weitergeführt werden, jeder Song offenbart sich erst richtig beim fünften oder sechsten Hören. Und selbst dann immer noch nicht ganz.

Die Gitarre ist mal Melodie-, mal Rhythmusinstrument und der Surfrock-Beat auf „Woe Is Me“ und „Angela Surf City“ zieht den melancholischen Inhalt nach oben. Fast euphorisch, fast eine Referenz an den durchkommerzialisierten Surfsound der 50er Jahre. Nur fast, weil das Schlagzeug doch viel zu präsent und nach 2010 klingt, den speziellen, sich wie ein roter Faden durch die stilistisch sehr unterschiedlichen Songs ziehenden Gesamtsound der Band doch so sehr bestimmt, ohne dabei zu gierig im Vordergrund zu stehen oder sich nur an einem Genre abzuarbeiten.

„You don’t want me/ You can tell me/ I’m the bigger man here“ singt Hamilton Leithauser, Gitarrist und Sänger der Band, und Trompeten spielen ein Lamento. „Woe is me“ wird er ein paar Songs später verraten. Dies trifft phonetisch das Gefühl, das der Song „Stranded“ vermittelt: „I’m stranded and starry-eyed“, die Band setzt aus und die Stimme steht im Raum.

83

Label: Cooperative (Universal)

Referenzen: Tapes ‚N Tapes, The Wrens, Sunset Rubwdon, The National, White Rabbits, The Velvet Underground

Link: MySpace

VÖ: 08.10.2010

4 Kommentare zu “Rezension: The Walkmen – Lisbon”

  1. Pascal Weiß sagt:

    Vermutlich das Album des Jahres.

  2. […] Dingen: In der Verlosungstrommel befinden sich u.a. Arcade Fire (2xLP), Caribou (2xLP), 2x The Walkmen (LP), 2x Kele (LP), The National (Expanded CD Edition), Shirts und 7-Inch-Splits von Menomena und […]

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