SpoonTransference

Dunkler, roher, kantiger: Mit dem selbstproduzierten „Transference“ schreiben Spoon eine klassische Indie- und vor allem Rockplatte und entgegnen den Erwartungen ganz einfach mit dem womöglich unterschätztesten Album ihrer Karriere.

Zumindest wenn man nicht die Verkaufszahlen in den USA, sondern die etwas zurückhalterenden Jubelstürme der Kritiker als Ausgangsvariable wählt. Das umjubelte Meisterwerk, das uns die Band noch mit „Ga Ga Ga Ga Ga“ fröhlich lächelnd kredenzte, ist es nicht geworden. Hits gibt es im Prinzip keine, selbst das letztjährig als EP erschienene „Got Nuffin“ will ohne Albumkontext nicht so richtig zünden. Spoon klingen ernster, rauer, vielleicht auch eine Spur erwachsener, weiser: „Oh I’m not standing here / And now I’m writing in reverse / I know it could be worse“ schreit Britt Daniel ungewohnt wütend – wie zum Beweis verleiht das Radio, das im Hintergrund dudelt, den Worten noch mehr Nachdruck.

„Transference“ zeigt sich von Beginn an sperrig. Fast schon zögerlich pirscht sich „Before Destruction“ an, die Akustische weist lässig den Weg, bis „Is Love Forever“ mit druckvollen Drums zum ersten Mal schwungvoll ausholt. Anstatt jetzt den offensichtlichen Hit-Refrain aus dem Ärmel zu schütteln, um die College-Girls auf die Bühne zu locken, zieht man sich lieber zeitig wieder zurück in die eher zurückhaltend funkige „Mystery Zone“.

Es macht den Anschein, als sei dieses Mal alles erlaubt außer einem echten Hit. Immer, wenn man mit dem großen Paukenschlag rechnet, kippt der Song. Wie etwa in „I Saw The Light“, als sich Spoon kurz vor der Ekstase doch für den Pianolauf entscheiden und das Ding noch gut drei Minuten ausfransen lassen. Für eine Band, die die Grundregeln des Pop so tiefgehend versteht ist das höchst ungewöhnlich. Das Album funktioniert in seiner Gesamtheit prächtig, gewinnt als Kollektiv, ein „The Underdog“ wäre in diesem Kontext völlig aus der Art geschlagen.

Außergewöhnlich: Obwohl die rohe Produktion (hier sei ausdrücklich das schmissige, nicht gerade überproduzierte „Trouble Comes Running“ erwähnt) für ein dreckiges Rockgewand sorgt und insbesondere den Drums ordentlich Kraft gibt, zeigen sich Spoon mit der wunderschönen, beatleesken Pianoballade „Goodnight Laura“ zudem ausgerechnet jetzt von ihrer romantischen Seite. Die Herren meinen es auch einfach zu gut mit uns.

82

Label: Anti / Indigo

Referenzen: White Rabbits, Beat Happening, Guided By Voices, Pavement, The Walkmen, The Wrens, Pixies, The Velvet Underground, The Hold Steady

Links: Official, MySpace

VÖ: 22.01.2010

6 Kommentare zu “Rezension: Spoon – Transference”

  1. dominik sagt:

    pascal: du liegst gold richtig! „transference“ ist ein absoluter grower!
    ich nehme mal fast an das du am 19.02. in köln am start bist, oder? ich werde den weiten weg nach berlin antreten :)

  2. Pascal Weiß sagt:

    Lieben Dank, Dominik, das freut mich natürlich sehr. Ja, das Wort „Grower“ ist im Zusammenhang mit dem Album in den letzten Wochen tatsächlich einige Male gefallen;)

    Und ja, ich bin auf jeden Fall in Köln am Start, bis zum Pavement-Termin im Mai das Konzert, auf das ich mich am meisten freue.

  3. […] fest, sondern streut in alle Windrichtungen. Bisher bestätigt sind u.a. AUFTOUREN-Favoriten wie Spoon, Chokebore, Los Campesinos!, Faith No More, Moderat, Owen Pallett, Brother Ali, Anti-Pop […]

  4. […] der knapp 20-jährigen Geschichte von Merge Records (die übrigens im Januar mit dem brillanten „Transference“ haarscharf die Top 3 verpasst haben) verkaufte sich allein in der ersten Woche 156000 mal. Ein […]

  5. […] Projekt. Daniel selbst hat neben den Arbeiten am Nachfolger zum etwas stiefmütterlich beäugten Transference richtig Bock auf die neue Band – das äußert er zumindest im sehr lesenswerten Interview […]

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