Blonde RedheadPenny Sparkle

Gegensätzlichkeiten, Spannungsfelder, schon seit Urzeiten das Geheimnis zumindest vieler guter Musik. An Blonde Redhead beispielsweise ließ sich diese These stets auf eine ziemlich einfache Formel herunterbrechen. Da waren zum einen die lauten und kantigen Noise-Elemente der Sonic-Youth-Schule und zum anderen der süßliche, fast schon kitschige Gesang Kazu Makinos, die hier gegeneinander antraten und das Hören von Blonde Redheads Platten schon immer zu einem ganz besonderen Vergnügen machten.

Im Laufe der Zeit näherten sich diese beiden Pole dann immer weiter an, bis sie auf dem letzten Album „23“ zu beinahe perfektem, bittersüßen Indiepop verschmolzen, wie ihn die Bands der kurzen aber nachwirkenden Shoegazer-Ära einst in den Trockennebel scharrten. Ein Meilenstein, den die Band in dieser Form wohl nicht mehr hätte toppen können und insofern scheint es ganz sinnig, dass man sich nun zusammen mit dem schwedischen Produzentenduo Van Rivers and The Subliminal Kid, das sich auch schon für das frostige letztjährige Fever-Ray-Album verantwortlich zeigte, an einen Neuanfang wagt. Voluminös übereinandergeschichtete Gitarrenwände, immer ein Markenzeichen Blonde Redheads, wird man auf „Penny Sparkle“ nicht mehr finden und auch der ganze analoge Rest, der so eine klassische Gitarrenband eben ausmacht, musste zum Großteil dem Fortschritt in Form von Drumcomputer, Synthie- und Keyboardflächen weichen. Geblieben ist lediglich die melancholische Grundstimmung, die Amedeo Pace und vor allem Kazu Makino hier bei Temperaturen knapp um den Nullpunkt über die Lieder schweben lassen.

Soweit so evolutionär, wo jedoch der Schritt zu mehr Elektronik viele Bands in komplett neuem Licht erstrahlen lässt, verhält sich die Sache bei Blonde Redhead etwas anders. Statt frickeliger Indietronic präsentieren sie uns hier eine unterkühlte, statische ,aber vielleicht gerade deswegen ziemlich zeitgemäße Variante von Dreampop. Unter anderem angelehnt an die letzten Alben von Portishead, Fever Ray aber auch an Thom Yorkes Soloausflug „The Eraser“ („Black Guitar“) spuken elfenhafte Stimmen hier über karge Mondlandschaften aus sachte pluckernden Beats und surrenden Synthesizern, die viel Atmosphäre und wenig Dynamik erzeugen. Was im Opener “ Here Sometimes“ ziemlich gut und im folgenden „Not Getting There“ noch besser aufzugehen scheint, gestaltet sich im weiteren Albumverlauf zunehemend schwieriger. Zwar lässt man sich gerne in den wundersamen, klammen und gleichzeitig verlockenden Nebel hüllen, der hier aus den Boxen strömt, einen wirklich einzunehmen und nachhaltig zu beeindrucken schafft er letztendlich nicht. „Penny Sparkle“ ist ein Album mit wenigen Höhepunkten. Es zieht seinen Reiz aus dem Stoischen und Diffusen und lässt dabei mit wirklichen Aha-Effekten so lange auf sich warten, bis man die gelegentlichen Gitarrenbreitseiten der Vorgängeralben bei aller Unvoreingenommenheit doch noch zu vermissen beginnt. Es ist ohne Zweifel eine schöne neue Soundhülle, die sich Blonde Redhead hier geschaffen haben. Um jedoch nicht in den Untiefen eines derzeit ziemlich ausgereizten Genrebegriffs zu versinken, gilt es, diese so bald als möglich mit mehr und aussagekräftigerem Inhalt zu füllen. Ein Übergangsalbum nennt man so etwas vielleicht. Hoffentlich.

65

Label: 4AD / Beggars (Indigo)

Referenzen: Asobi Seksu, My Bloody Valentine, Thom Yorke, Portishead, Fever Ray, School Of Seven Bells, Mazzy Star, Beach House

Links: Homepage, MySpace

VÖ: 10.09.2010

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