Trotz oder gerade wegen eines sehr überschaubaren Outputs erfreut sich das kleine Label namens Blackest Ever Black einiger Beliebtheit. Das erscheint umso erstaunlicher, da es sich mit seinem Œuvre aus Künstlern wie Tropic Of Cancer oder Raime gänzlich den dunklen Seiten des Lebens zugewendet hat.

Letztes Jahr schafften es Letztgenannte aus dem Stand – auch wenn ich zugeben muss, dass es bei mir etwas gedauert hat mit der Begeisterung – mit ihrem Debüt in die Jahresbestenliste, auch 2013 begann schon recht vielversprechend mit der Veröffentlichung von Prurients „Through The Window“. An dieser Stelle muss auch auf den sehr empfehlenswerten Download-Sampler „After The Affair: Selected Blackest Ever Black“ hingewiesen werden, der einen sehr guten Überblick über das musikalische Spektrum des Labels gibt.

Nun legen die beiden Produzenten Marc Dall und Alex Ander alias Dalhous mit „An Ambassador For Laing“ ihr Debütalbum vor. Wo Raime noch den klaustrophobischen, anthropophoben Resten paranoischer Bewusstseinszustände nachgeforscht und uns mit Schaben, Kratzen und abgründigen Hallräumen wieder das urbane Grauen der schlecht beleuchteten Seitenstraßen und düsteren Gassen gelehrt haben, entwickeln Dalhous aus einem ähnlichen Schauplatz einen fahlweiß leuchtenden, Jetlag-befeuerten Neontrip durch die endlosen, ausgestorbenen Industriewüsten an der Peripherie namenloser westlicher Metropolen. Sie machen Musik für das, was Sozialwissenschaftler „Transiträume“ oder „Nichträume“ nennen, immer irgendwie dazwischen. Musik für den Übergang, einen Wechsel, nicht zum Aufenthalt, Musik, die auch geistig zum Driften, Sich-treiben-Lassen, innerlichen Nachspüren einlädt und auffordert. Man kann sich diese Kopfhörermusik für urbane Zweifler hervorragend in nächtlich menschenleeren, grell ausgeleuchteten Flughäfen, postmodernen Bahnhofskomplexen oder ausgestorbenen Einkaufspassagen vorstellen. Dort würde sie geisterhaft aus dem Nichts erklingen, um im ihr angemessenen Ambiente ihre volle kathedrale Größe und Erhabenheit zu erreichen, in die sich stetig ein sublimes Gefühl von Verlorenheit einschreibt.

Um das zu erreichen, agieren Dalhous an den Grenzen von Ambient und Downbeat. Manches wirkt unvollendet, vor Erreichen des Höhepunkts einfach ausgeblendet, musikalische Fragmente werden prozesshaft im Übergang skizziert. Die menschliche Stimme ist nicht mehr als ein archäologisches Artefakt. So sie denn ins Spiel kommt, ist sie ein Zeichen, dessen eindeutige Dechiffrierung sich entzieht, ein Ächzen im Äther, undefinierbares Schlingern. Um noch einmal den Vergleich zu bemühen: Da, wo Raime schwärzestes Schwarz sind, sind Dalhous beschattetes Weiß, aber auch zu viel Weiß kann verstörend sein.

Was allerdings die größte Leistung von „An Ambassador For Laing“ ist: Bei aller intendierten Leere und In-die-Welt-Geworfenheit dominiert in der Musik meist ein weicher, zugänglicher und nahezu lichtern-anschmiegsamer Anteil, er bietet sich dem Hörer unabhängig von der individuellen Verfasstheit als ständiger Begleiter an. Mehr „Universalität“ kann man von dieser Art Musik kaum erwarten.

Ein Kommentar zu “Dalhous – An Ambassador For Laing”

  1. […] Techno von Prurient, den angejazzten Ambientelektronika-Kathedralen des Dazwischen von Dalhous, der klassischen Eso-Darkness von Lustmord oder den ausufernden Noisedronekaskaden der Wiener […]

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