Plattenpanorama – neue Alben im Schnellcheck (07/2013)


Wenn die Woche nur sieben Tage hat, kann man nicht jedes Album in aller Ausführlichkeit besprechen. Diesmal betrachten wir kurz und knapp neue Werke von Bomba Estéreo, Ellen Allien, Golden Grrrls, Kavinsky, The Rational Academy und The Underachievers.

Bomba Estéreo – Elegancia Tropical

Welche angenehme Überraschung, relativ selten findet ein herausragendes Album wie dieses aus alternativen südamerikanischen Musikkreisen den Weg ins nicht-hispanophone Europa. Aufgrund seines Arrangements und modern elektronischen Sounds ist „Elegancia Tropical“ auch für stilistisch unbewanderte zugänglich: Sukzessive ziehen Bomba Esteréo aus dunstverhangener Atmosphäre das Energieniveau an, schaukeln sich inklusive eines Gastspiels von Buraka Som Sistema kolumbianisch-karibisch hoch, behalten jedoch stets die Balance aus mitreißender perkussiver Dynamik und tiefen, mitunter grenzpsychedelischen Stimmungsräumen. (Uli Eulenbruch)

Label: Soundway | VÖ: 22.02.2013

Ellen Allien – LISm

Nach Apparat nun auch dessen Gelegenheitskollaborateurin: Electronica trifft Hochkultur. Alliens zum Album überarbeiteter Soundtrack einer Tanzdarbietung ist zwar ein einziges langes Stück, in seiner Gesamtentwicklung aber gerade deswegen gehemmt, weil überaus diverse Einzelsektionen dort ohne Pausen unstimmig aneinander reiben. Am wirkungsvollsten spannt sich „LISm”s Traumwelt im letzten Drittel auf, der vorhergegangene Drift durch Soundscapes, Postrock und Beatklickern wirkt dann rückblickend wie effektive Vorbereitung – überzeugt nur auch mit diesem Wissen nicht gänzlich, wenn man sich wieder durch die ersten 30 Minuten hört. (Uli Eulenbruch)

Label: Bpitch Control | VÖ: 01.03.2013

Golden Grrrls – Golden Grrrls

Dass Night School ein feines Label ist, ahnte man bereits, als die Briten sich der CD-Veröffentlichung von Julia Holters „Tragedy“ annahmen. Alben von Group Rhoda und Yong Yong manifestierten diesen durchweg positiven Eindruck. Damit man auch in Zukunft die Ohren in diese Richtung offen hält, wird nun nachgelegt mit dem Debütalbum der Golden Grrrls (weder verwandt noch verschwägert mit den Mädels mit den grauen Schläfen). Wer Girl mit drei rrr schreibt, macht jedenfalls keinen großen Hehl aus seinen Vorbildern: Sleater-Kinney, Bikini Kill oder Le Tigre. Packen wir noch einen Hauch Sonic Youth und eine Brise Yo La Tengo dazu, landen wir schon bei dem Trio aus Glasgow. Für Freunde schrammeliger Indiepop-Songs mit mehrstimmigen Gesangsharmonien! (Constantin Rücker)

Label: Night School | VÖ: 01.03.2013

Kavinsky – OutRun

Auf der Drive-Welle mitzuschwimmen, kann man dem Franzosen absolut nicht vorwerfen, im Gegenteil hat er mit „Testarossa Autodrive„ von Beginn an die Neon-80s-Ästhetik von Vice City bei Nacht fetischisiert. Überraschungen bietet sein Debütalbum denn auch keine, in variabel sägenden Synth-Bangern huldigt Kavinsky Hammer und Moroder zum vergnüglichen Kurzweil, wobei für den ganz großen Wurf doch zu deutliche Qualitätsunterschiede zwischen „Nightcall“ und Retro-Routine wie „Odd Look“ bestehen. (Uli Eulenbruch)

Label: Mercury | VÖ: 22.02.2013

The Rational Academy – Winter Haunts

Unnahbar beim ersten Date. Vor dem flüchtigen Beobachter können The Rational Academy sich noch hinter massiven Noise- und Drone-Wänden verbergen. Jede weitere Begegnung lässt die Schutzmauer dann aber bröckeln wie den Putz an den Garagenhöfen in Dortmund-Scharnhorst. Ähnlich wie die frühen Aereogramme fremdweht der Gesang Benjamin Thompsons durch Songs wie „夏 夫 (Summer Husbands)“ oder „Let It Bleed“ und bildet den fragilen und meditativen Gegenpol zur Instrumentierung. Ein Album, so aufwühlend wie eine frische Beziehung, in der allein der Gedanke, die neue Liebe könnte vergehen, eine schlagartige und unbehaglich behagliche Sehnsucht hervorruft. (Pascal Weiß)

Label: Eigenveröffentlichung | VÖ: 02.01.2013

The Underachievers – Indigoism

Gute Rap-Mixtapes sind ja derzeit nicht gerade Mangelware. Dem New Yorker Duo The Underachievers gelingt es jedoch, selbst aus dem aktuellen Wust an Top-Veröffentlichungen noch herauszustehen. Dabei bedient sich das jüngste Brainfeeder-Signing mit seinem Sound weniger beim verstrahlten Psychedelic Hop seiner neuen Labelkollegen, sondern reiht sich irgendwo zwischen Pro Era und A$AP Mob oder anders gesagt zwischen East-Coast-Revivalismus und HipHop-Moderne ein. Noch vor den erstklassigen Beats stechen auf „Indigoism” allerdings die beeindruckenden Flows von Ak und Issa Dash hevor, die mit ihrer lyrisch kruden Mischung aus Esoterik und Popkultur hier wirklich alles niederbrennen. Nach dem Westcoast-Manifest „good kid, m.A.A.d city” zeigt sich der Osten in diesem Jahr angriffslustig. (Bastian Heider)

Label: Brainfeeder | VÖ: 01.02.2013

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