Pissed JeansHoneys

Pissed Jeans brauchen auf ihrem vierten Album keine Anlaufzeit. Sofort sind die vertrauten Klänge da. Vertraut aus ihrer eigenen Bandgeschichte, vertraut aber natürlich auch aus Jahrzehnten Hardcore und seinen Nachwehen.

Der Opener „Bathroom Laughter“ pendelt zwischen Wahnsinn und Heilung. Hastig tastet sich das Schlagzeug voran, nach allen Kräften unterstützt von Matt Korvettes irritierender Stimme, mit deren abstoßendem Klang es in der Gegenwart wohl nur Fucked Ups Damian Abraham aufnehmen kann. Doch die eigentlichen Vorbilder bleiben andere als die Kanadier. Die asketische Härte von The Jesus Lizard beispielsweise blinzelt mehr als nur einmal hervor, selbst dem Grunge haben Pissed Jeans auf ihrem ersten Album seit vier Jahren nicht abgeschworen, so vergessen er heutzutage manchmal sein mag.

Dass die Songs unter diesen Voraussetzungen alles andere als „Honeys“ sind, versteht sich da von selbst. Und doch sind die schnellen Momente durch den großen Fundus, auf den die Band zurückreifen kann, oftmals fast eingängig und werden nur von Korvettes Gesang daran gehindert, himmelhochjauchzend zu klingen. Auf der anderen Seite ist „Honeys“ dann besonders stark, wenn bewusst Tempo herausgenommen und dadurch die geballte Portion Wut in die Länge gezogen wird. In „Chain Worker“ ist Korvette ein gebrochener Mann, der offen seine bittere Geschichte erzählt. Und später platzt es in „Male Gaze“ förmlich aus ihm heraus: „I’m not innocent, I’m guilty“. In diesen Passagen ist die Luft flirrend, sind die Botschaften so eindeutig wie hoffnungslos. Auch das ebenfalls gedrosselte „Cafeteria Food“ punktet mit schonungsloser Offenheit gegen sich selbst und die Umgebung. Mit dieser Herangehensweise emanzipieren sich Pissed Jeans am deutlichsten von ihren alten Helden.

Unter dem Strich ist auch „Honeys“ wieder eine gelungene Sache. Ebenso bleibt die Erkenntnis früherer Tage: Pissed Jeans sind immer für einnehmende Songs gut, deren Markenzeichen noch nicht einmal große Spannungsbögen oder Melodien sein müssen, da hat die Band andere Stärken. Auf Albumlänge gelingt der ganz große Wurf also nach wie vor nicht – eine Ursache könnte die immer noch extrem auffällige Orientierung an den Vorbildern sein, die manchmal zu sehr das direkte Zitat statt einer diskreten Andeutung ist.

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