Empfehlung: Julian Lynch

Empfehlung: Julian Lynch

Es tut uns schrecklich leid, doch auch im Falle von Julian Lynch werden wir nicht drum herum kommen, genau jene Schlagworte fallen zu lassen, die seit Monaten durch den Musikjournalismus geistern und mittlerweile alles oder nichts bedeuten könnten. Bringen wir es also hinter uns: Dream Pop, Psychedelic, Lo-Fi, Ambient, Weird Folk, Homerecording. Hinreichend abgesteckt und einsortierbar ist Lynchs Sound damit aber noch nicht, denn insbesondere wenn man sich an letztgenanntes hält, hat „Mare“, das Album des kauzigen Mittzwanzigers, einige Überraschungen auf der Pfanne.

Tendieren einsam in den heimischen vier Wänden zusammen musizierte Alben dazu introvertiert oder gar düster, in jedem Fall aber reduziert aufzutreten, schöpft Lynch aus einer überraschenden instrumentellen Vielfalt und lässt seine Musik befreit, entspannt und benebelt durch den Raum tänzeln und schweben – der Soundtrack für laue Sommerabende zwischen Glühwürmchen und zirpenden Grillen.

Julian Lynchs musikalische Wurzeln liegen im Folk, doch sein Musikethnologie-Studium an der Universität in Wisconsin-Madison sowie sein Interesse für die indische Kultur führten zahlreiche weitere Einflüsse in seinen Sound, die auf „Mare“ sowie der vorangegangenen EP „Orange You Glad“ deutlich herauszuhören sind. Weltmusikalische Elemente wie obskure Percussion-Instrumente oder Klarinetten tragen einen Hauch von Orient in die meist auf Gitarren, hin und wieder auch auf Dream-Pop-Keyboards fußenden Songs. Entrückte mehrstimmige Gesänge komplettieren das psychedelische Klangbild. Komplex arrangiert und sich klaren Strukturen verweigernd leben die Songs von ihrer Atmosphäre allein; die zahlreichen und effektiv eingesetzten Details bewahren sie dabei vor einem Dasein als dahinplätschernde Hintergrundbeschallung.

„Mare“, „Orange You Glad“ und weitere von Julians Arbeiten gibt es auf seinem Bandcamp-Profil in voller Länge im Stream. Wer lieb fragt, kann sich den jungen Mann gar ins eigene Wohnzimmer holen – nachdem er letzten Herbst dazu gezwungen war, einen seiner Gigs per Webcam aus der eigenen Wohnung ins 1000 Meilen entfernte New Jersey zu bringen, gehören derlei mediale Experimente mittlerweile zu seinem Repertoire.

„Mare“ ist auf Olde English Spelling Bee erschienen

Links: MySpace | Old English Spelling Bee | Blog | Bandcamp

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