Knapp 60 Minuten und 20 Songs, die auch dem wieder einmal aufmüpfig pöbelnden Leader der hippen Kifferclique gleich neben Aldi Süd lässig den Joint auspusten: Gonjasufis Debüt „A Sufi And A Killer“ provoziert, fordert heraus und spaltet die Gemüter – nicht zuletzt wegen seiner Genrelosigkeit.

Man darf Warp Records in diesen Tagen durchaus freudig und dankbar in die Arme hüpfen. In Zeiten, in denen fast nur noch Bands mit Tendenz zur ermüdenden Eingängigkeit das Vergnügen haben, bei einem Label unterzukommen, gewähren die Londoner einem neuen, alles andere als verkaufsorientierten, durchgeknallten Yoga-Lehrer den Freiraum, auf Doppel-Vinyl sein gesamtes aberwitziges Programm abzuspulen. Mut, der belohnt wird, auch wenn andere schon wieder argumentieren, es handele sich hier um maximal halbfertige Songs.

Genau da liegt der Hund begraben: Die Platte quillt über vor Ideen, spielt ähnlich verraucht wie einst „Madvillainy“ alle Titel nur kurz an, lässt die überdies häufig übersteuerten Skizzen wieder fallen und verwirrt darüber hinaus durch eine immense Vielfältigkeit. So stellt sich womöglich das hilflose Gefühl ein, das man sonst nur von der ersten Berührung mit einer Can-Platte kennt. Denn wenn einem zugedröhnten, krautigen Intro, das von den ganz frühen Animal Collective hätte stammen können, mit „Kobwebz“ eine neblige Downtempo-Nummer, anschließend charakteristisch verzögerte Flying-Lotus-Beats und nur wenig später mit „Suzie Q“ eine rostige Punknummer aus der Gosse von Los Angeles folgen (sollte man noch erwähnen, dass daraufhin fingerschnipsende Funky-Sounds von „Candylane“ das Zeitlupen-Soulstück „Change“ vergessen machen?), dann geht schon mal die Orientierung verloren.

Und dennoch ist der rote Faden ohne jeden Zweifel erkennbar, weil Sumach Ecks aka Gonjasufi seine erfreulich unvollkommene, charakteristische Stimme nutzt, um die einzelnen – in der Regel von Gaslamp Killer produzierten – Tracks zusammenzuhalten und ihnen trotz ihrer Diversität eine gewisse Homogenität zu verleihen; nur ein übergeordnetes Genre sucht man weiter vergebens. Ist aber auch egal, denn das entspannte, zufriedene Grinsen will einem nicht erst nach dem welthitverdächtigen „She Gone“ samt seinem so nicht für möglich gehaltenen „Whooo“ oder dem unverschämt groovenden „Kowboyz & Indians“ für mehr als eine Joint-Länge nicht mehr aus dem Gesicht weichen.

81

Label: Warp

Referenzen: The Gaslamp Killer, Can, Flying Lotus, Captain Beefheart, Faust, Madvillain, Gorillaz, The Beta Band, No Age

Links: Empfehlung, Warp

VÖ: 12.03.2010

3 Kommentare zu “Rezension: Gonjasufi – A Sufi And A Killer”

  1. […] Teile der Redaktion voll des Lobes für die Avantgarde-Postpunker These New Puritans, den schrägen Gonjasufi, Altmeister Gil Scott-Heron, die im Untergrund von Los Angeles wühlenden Liars, […]

  2. […] und die regulären CD-Ausgaben von Janelle Monaé, Pantha Du Prince, Twin Shadow, Sam Amidon, Gonjasufi, Belle & Sebastian, The Hold Steady, Ratatat, Magic Kids, Karen Elson und – wer erinnert […]

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