Top of the Blogs 2009

Top of the Blogs 2009

Kurz vor Weihnachten liegt eine Mail von Tom im Email-Eingangsfach. Der Fädenzieher des Münchener Musikblogs „Blogpartei“ plant zusammen mit Ariane von „White Tapes“ eine Art Top Of The Blogs, die Franzosen dienen als Ideengeber. Kurzerhand werden innerhalb weniger Stunden 14 deutsche Blogs (die Auflistung findet ihr weiter unten) und insgesamt mehr als 30 Schreiber eingeladen, sich an dem Projekt zu beteiligen und ihre jeweilige Hitliste weiterzuleiten, um die Konsens-Jahrescharts unter den Bloggern ermitteln zu können. Und da sich die beiden Kreativköpfe auch über Weihnachten nicht von ihrer Arbeit lösen können, steht das finale Ergebnis bereits jetzt fest. Wir danken Ariane und Tom an dieser Stelle nochmals ganz herzlich, als Teil dieser Idee mitwirken zu dürfen und hoffen, dass sich das Konzept etabliert und vielleicht im nächsten Jahr seine Fortsetzung findet. Genug der Worte: Aus über 100 Nennungen ergab sich schließlich folgendes Bild.

Platz 10: Fever Ray – s.t.

Das vermeintlich kälteste Album des Jahres, zumindest wenn man die verzerrte Stimme und die dumpfen Synthiesounds die ersten Male auf sich wirken lässt. Doch hinter dem eisigen Wasserfall sind ungeahnte Landschaften zu finden. Ruhig stapft das Album weiter, über afrikanische Steppen hin zum windigen Atlantik. „When I grow up, I want to live near the sea.“ Ein Album, das schnell wächst, mal tanzend, mal geruhsam fortwärtsschreitend, um sich dann auf den Tafelbergen niederzulassen und zur Antarktis zu schauen. „I put my soul in what I do.“ Das glauben wir aufs Wort.

Platz 9: Sunset Rubdown – Dragonslayer

Das vierte Werk von Sunset Rubdown droht anfangs missverstanden zu werden, versteckt sich seine Komplexität doch tückisch hinter einer simpel anmutenden Fassade. Wer den Kanadiern berechenbaren Pop nach einem simplen Schema unterstellt, hat nicht richtig hingehört und verpasst Großartiges. Die Mannen hinter Wolf Parade und Handsome Furs fahren hier teils vertraute Stützen wie Spencers gewohnt eilende Stimme auf, doch kribbelt es dahinter mit jedem Hördurchgang immer mehr; es wächst und gedeiht, über das umzäunte Beet hinaus.

Platz 8: Editors – In This Light and on This Evening

Wer hätte den Editors diese Wandlung zugetraut, weg von den Indiestrebern hin zu geradezu morbiden 80er-Hommagen. „They took what once was ours“ singt Tom Smith, doch könnte dieser Satz eher von den Geehrten stammen. Die Gitarren treten in den molligen Hintergrund, die Synthies beherrschen die kühle Szenerie, der Smith’sche Gesang trohnt bedrückend über allem. In seiner Entwicklung erstaunlich – und erstaunlich konsequent.

Platz 7: Yo La Tengo – Popular Songs

Wer 25 Jahre voller einflussreicher und beeinflussender Alben hinter hat, muss nichts mehr beweisen. Wenn er es dennoch schafft und eine zeitlose Symbiose von Indie, Pop & Rock dieser Qualität abliefert, hat er eine besondere Gabe. Er kann sich eigentlich bei jeder Gelegenheit hinstellen und sagen: Yo La Tengo.

Platz 6: We Were Promised Jetpacks – These Four Walls

Nervös, vertrackt, melodiös. Die Glasgower machen einfallsreichen Indierock, der zwar nicht das Rad neu erfindet, aber doch sehr rund rollen lässt. Knackig treiben die Gitarren den schottischen Akzent vor sich her und lassen sich dennoch Zeit für instrumentale Passagen. Sicher ist: Wer dieses Album hört, braucht weder Koffein noch Trombosestrümpfe, aber jemanden, der die Momente mit ihm teilt.

Platz 5: Slow Club – Yeah So

Melancholisch-poetische Songs, ironische Lyrik, bittersüße Atmosphäre. Das Duo Slow Club bringt den Folk der letzten Jahre auf den Punkt und knüpft mit seinen angenehmen Arrangements dennoch an weit Älteres an. Orgel, Rhythmusgeräte wie Löffel oder Gläser, Harmoniegesänge allenthalben regen zum Träumen, zum Tanzen, zum Mitsingen an. Musik für alle Jahreszeiten.

Platz 4: Grizzly Bear – Veckatimest

Was „Veckatimest“ zu einem perfekten Vertreter des Jahres 2009 macht, ist, dass ihre Eigenwilligkeit, ihre Eigentümlichkeit nie daran hindert, die Schönheit des Albums zu erkennen. Wo andere Bands möglichst viele Stile inkorporieren, manövrieren sich Grizzly Bear mäandernd zwischendurch, ruhig, voller Spannung. Die unwahrscheinlichste Konsensband des Jahres.

Platz 3: The Pains Of Being Pure At Heart – s.t.

Ein Album, das auf leisen Schuhen daherkommt und, wenn man nicht rechtzeitig die Ohren spitzt, in seiner Leichtigkeit schnell auch vorbeigeht. Denn die Vielschichtigkeit des poppigen Shoegaze lässt einen die wunderbaren Momente von „The Pains Of Being Pure At Heart“ immer wieder entdecken, mal düster, mal eingängig, aber nie belanglos. Der Name ist Programm.

Platz 2: Animal Collective – Merriweather Post Pavilion

„No one should call you a dreamer“, das Motto von Animal Collective auf den Punkt gebracht. Das Album, das die verworrensten Songstrukturen mit den schönsten Melodien verbinden kann, das den Hörer in einen flow, einen emotionalen Ausnahmezustand versetzen kann. Er muss sich nur darauf einlassen und das Album lässt sich auch auf ihn ein.

Platz 1: The xx – xx

Es war das Album, das die Lücke traf, die all die Bands der letzten Jahre gerissen hatten; zurückhaltend und reduziert wie der Folk, dennoch intensiv und mitreißend wie New Rave und New Wave. Eigenbrödlerisch wie Psychdelic, trotzdem eingängig wie Electronica. Der berechtigte Erfolg von The xx hätte genau ob ihrer Einzigartigkeit ebenso gut ausbleiben können. Unorthodox auch, dass dieses Album mitten im August herauskam. Elf Songs, elf Volltreffer. So klingt 2009.

Ehrenvolle Erwähnung gemäß weiterer Rangfolge: Mumford & Sons – Sigh No More, The Rural Alberta Advantage – Hometowns, Port O’Brien – Threadbare, Dirty Projectors – Bitte Orca, Scott Matthew – There Is An Ocean That Divides, Japandroids – Post-Nothing, Soap & Skin – Lovetune for Vacuum, Blacklist – Midnight Of The Century, MONO – Follow The Map, Pet Shop Boys – Yes, Metric – Fantasies, Wild Beasts – Two Dancers, Devin Townsend Project – Addicted, Patrick Wolf – The Bachelor, Simple Minds – Graffiti Soul, Tegan and Sara – Sainthood, Her Name Is Calla – The Heritage, Micachu – Jewellry, Royal Bangs – Let It Beep, St. Vincent – Actor, Angelika Express – Goldener Trash, Blueneck – The Fallen Host, Antony And The Johnsons – The Crying Light, Helgi Jónsson – For The Rest Of My Childhood, Future Of The Left – Travels With Myself And Another, Evangelista – Prince Of Truth, Fuck Buttons – Tarot Sport, The Twilight Sad – Forget The Night Ahead, Maximo Park – Quicken The Heart, Astronautalis – Pomegranate, Au Revoir Simone – Still Night, Still Light, The Mighty Stef – Downtown, The Felice Brothers – Yonder Is The Clock, Health – Get Color, Passion Pit – Manners

Teilnehmer: Julia von 49Suns, Uli von Auf ein neues, das Team von AUFTOUREN, Tom von blogpartei, Eike von das klienicum, Therese & Horst von Hey Tube, Matthias von indiestreber, Nico von nicorola, Frank von pretty-paracetamol, das Team von ROTE RAUPE, Peter von Schallgrenzen, Michael von Småstad, Daniela von Reling Sichern sowie Ariane, Iain & Manuel von WhiteTapes.

Ein Kommentar zu “Top of the Blogs 2009”

  1. […] besten Musikvideos des letzten Quartals, die letzte diesjährige Tape auf Touren-Ausgabe und die Top Of The Blogs – es gab auch für jeden von uns noch eine ganze Menge Platten zu […]

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