Alex Cameron in Hamburg: Make-Up und Stuhl-Rezension

Alex Cameron hat es geschafft. Irgendwie ist er aus der anonymen Menge australischer Musiker herausgetreten und macht international auf sich aufmerksam. Ob das nun seinem künstlerischen Konzept, seinen außerordentlich guten Produzenten oder seiner prominenten Freundin Jemima Kirke zu verdanken ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass er mit seinem neuen Album „Miami Memory“ zwei Jahre nach seinem Durchbruch wieder auf Tour ist, wo der in Australien viel erfolgreichere Jack Ladder (in den dortigen Albumcharts Platz 3 gegenüber Alex Cameron auf Platz 94) zusammen mit seinem Smartphone die Vorband gibt und zudem in Camerons Band Keyboard spielt.

Das sonst nicht leicht warm zu bekommende Hamburger Publikum wusste den scheuen und mit Missmut kokettierenden Jack Ladder aber immerhin zu schätzen – genau gesagt, hatte das etwa halb gefüllte Uebel & Gefährlich ihn schon nach seiner ersten ins Mikrophon gemurmelten Ansage ins Herz geschlossen. Nur mit Gitarre und ab und an von Musik aus seinem Telefon begleitet, lieferte Ladder eine fast vollwertige 40-minütige Performance ab, die stark an Nick Cave denken ließ. Schade, dass die Studioversionen seiner Songs im Vergleich sehr brav produziert sind, die rohe Begleitung seines Gesangs passte gut zu seiner fatalistischen Selbstinszenierung.

Nachdem Ladder auch seinem dritten Job an diesem Abend nachgegangen war (Roadie), betrat schließlich Cameron samt seiner fünf Mitmusiker die Bühne. Das Gesicht feminin geschminkt, breitete er die Arme aus, als wolle er sagen „Na, ist das nicht was?!“ und als erster Song kam das Highlight „Bad For The Boys“. Was für ein Auftritt, auch oder weil einzelne unzufriedene Pfiffe des Publikums nicht ausblieben. Und zugegebenermaßen musste sich auch der Schreiber erst einmal an diesen Alex Cameron gewöhnen.

Ungewöhnlich war nicht nur das Make-Up des Sängers: Auch der Gesichtsausdruck, eigentlich immer mit leicht geöffnetem Mund und einem eindringlichen Blick, und sein expressiver Tanz waren bemerkenswert. Cameron mischte in seiner Performance ganz selbstverständlich Elemente des Post-Punk, Pop, Gothic und Dark Wave, wobei seine Musik auch live dem 80er-Jahre-Pop nahe blieb.

Dennoch war er nicht das alleinige Zentrum der Perfomance. Jeder der Musiker strahlte seine eigene Persönlichkeit aus, allen voran Camerons „good Friend and business partner“ Roy Molloy, der zur Mitte des Konzerts auch einen eigenen Auftritt mit seiner „Stuhl-Review“ bekam – einer Art Stand-Up-Einlage, in der Molloy den ihm zur Verfügung gestellten Stuhl besprach (im Ü&G „3.5 out of 5 points“).

Leider folgte nach diesem seltsamen Intermezzo kein weiteres Highlight und die Band spielte nur noch ihr restliches Programm ab, was zunehmend etwas eintönig wirkte. Niemand aus der Band wechselte einmal das Instrument und jeder spielte in jedem Song mit, sodass es musikalisch wenig Abwechslung gab. Schade, da in den ersten Songs eigentlich deutlich geworden war, wie wichtig bei Camerons Musik das Arrangement der Songs ist und dies wunderbar funktionierte. Aber selbst ein gut zusammengestelltes Gericht schmeckt nach der zehnten Portion etwas fade und so ist man fast geneigt zu sagen, dass die nur einstündige Laufzeit des Konzerts auch genug war. Oder Cameron schickt beim nächsten Mal nach dem Konzert einfach noch mal jemanden aus seiner Band auf die Bühne.

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