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Label:
Strap Originals
VÖ:
26.04.2019
Referenzen:
The Libertines, Babyshambles, Dexys, Trampolene
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Autor: |
Kai Wichelmann |
Innerhalb des Kosmos eines Peter Doherty kommt alles häufig anders als man denkt. Nachdem die Fangemeinde häppchenweise mit Details zum neuen Libertines-Album (welches noch in diesem Jahr erscheinen soll) genährt wurde, hat Doherty mit seiner derzeitigen Haus-und-Hof-Band The Puta Madres in einem kleinen Haus in der Normandie an nur vier Tagen mal eben eine neue Platte aufgenommen. Wie so oft im Schaffen des Engländers kann die verschluderte Beiläufigkeit des Vortrags nicht den Genius ihres Schöpfers verdecken.
So ist das selbstbetitelte Album in keinster Weise als Interimsangelegenheit zu charakterisieren. Tatsächlich darf das hier Gehörte als eine der besten Songzusammenstellungen seiner Karriere gelten. Doherty-Enthusiasten werden zunächst wieder mosern, schließlich wird hier mitunter auf Uralt-Material zurückgegriffen. So ist das eröffnende „All At Sea“ eine B-Seite der Libertines aus dem Jahre 2005 und „Narcissistic Teen Makes First XI“ war (wenn auch anders betitelt) schon Teil der ersten Babyshambles-Sessions im Jahre 2003. Auch „A Fool There Was“ ist ein alter Hut, alle anderen Stücke wurden bereits auf Touren der letzten Jahre getestet. Doch letztlich führt dieser pedantische Fingerzeig nur ins Leere, schließlich hat die Kunst des Engländers immer über das Unfertige, lose Versatzstücke und Spontanität funktioniert.
Erfreulich für den Fan der ersten Stunde ist vor allem, dass der Brite seine Songs in ein bisher weitgehend ungehörtes Sounddesign einbettet. Neben der archetypischen Schrammelgitarre ist nun die Geige in nahezu jedem Stück präsent, was für einen raumgreifenden Irish-Folk-Touch sorgt und den Songs ein neues Maß an Beseeltheit verleiht. An anderer Stelle spielt die Band fast Bar-Jazz. Die romantische Seite Dohertys ist hier ebenfalls omnipräsent: „Paradise Under Your Nose“ beispielsweise reiht sich nahtlos in die Nachbarschaft hymnischer Liebesballaden im Stil von „Albion“ oder „For Lovers“ ein.
Historische Bezüge finden sich in „Travelling Tinker“, einer Geschichte über einen alten Eisenbahner, in „Shoreleave“ ist von diversen Captains und Sergeants die Rede, an die die Frage gerichtet wird: „What are we fighting for?“. In diesen Stücken fällt die Band fast in sich zusammen, stemmt sich aber immer mit Leidenschaft in den nächsten Refrain. Leidenschaft ist also Trumpf und nach mutmaßlich erfolgreichem Drogenentzug in Thailand (und der zumindest soliden Comebackplatte mit The Libertines) ist good old Pete abermals auf der Höhe seiner Kunst angekommen.