Fontaines D.C.Dogrel
Dublin brennt. Mit einer Sturm-und-Drang-Platte, die die sensiblen Momente nicht ausspart, sind Fontaines D.C. schon jetzt Anwärter auf den heißesten Gitarrenact des Jahres.
„Dublin in the rain is mine, a pregnant city with a catholic mind“ – mehr als diese klugen eröffnenden Worte braucht es nicht und man ist drin im Universum der fünf Iren. Born and raised im Arbeiterviertel The Liberties hat die Gruppe, trotz Universitätsbesuchen, genug street credibility intus, um zu vermitteln, was so vielen Epigonen der Post-Indie-Ära fehlt: Glaubwürdigkeit und Leidenschaft. Tatsächlich fällt beim Hören dieser Platte zu keiner Zeit negativ ins Gewicht, dass sie auf das bewährte und totgesagte Konzept Gitarrenband zurückgreift.
Es fühlt sich neu an, allein schon die Energie der ersten drei Songs reißt alles mit (stärkster Leidenschaftsmoment: wenn in „Too Real“ ein Gitarrensturm losbricht). Aber auch wenn die Gruppe um Sänger Grian Chatten ihre Geschichten zwischen Straßenpoesie, Milieustudie und Pubbesuch einrichtet, bleibt ab Mitte der Platte Zeit für ruhige, melancholische Momente. „It was the message I heard when the company said/ „there is no warning and there is no future“/ I like the way they treat me but I hate the way they use her” – ist es die kalte Schulter des Spätkapitalismus, die hier verhandelt wird? .
Wenn man so will, bildet die Gruppe jene Gefühle einer euphorischen Nacht ab, bei der der real talk und kurzzeitige Tränen Teil des Abends sein können – danach wird alles wieder vergessen und auf die Zukunft angestoßen. „Dogrel“ ist eine Platte, die in Dublin spielt, dabei aber glücklicherweise keine unangenehm patriotische. Sie stellt lediglich aus, was in den Ecken und Gassen der Stadt passiert: den Rausch der Nacht, den Rausch des Lebens im Allgemeinen.
Unter der Oberfläche schlummert stets die stolze Melancholie, wie sie nur in einer Stadt weitergetragen werden kann, die entbehrliche Jahrzehnte hinter sich hat. Dass das letzte Stück wie ein Song der seligen Pogues klingt, passt ins Bild. Die Band hat gerufen, der „Dublin City Sky” leuchtet.