DeVotchKaThis Night Falls Forever
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Label:
Concord
VÖ:
05.10.2018
Referenzen:
Beirut, The Decemberists, Echo & The Bunnymen, Firewater, Botanica, The Black Heart Procession
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Autor: |
Carl Ackfeld |
Es nach sieben Jahren noch einmal mit einem neuen Album versuchen zu wollen, zeugt von enormer Durchhaltekraft. Die Achtungserfolge mit „How It Ends“ sowie diversen Soundtrackbeteiligungen nebst Grammy-Nominierung sind verblichen, lediglich das gleichfalls betitelte Stück aus „Little Miss Sunshine“ fristet ein nahezu endloses Dasein in den Musikredaktionen zahlreicher Fernsehsender und wird – bei weitem nicht immer gerechtfertigt – vor allem dann eingesetzt, wenn es zu theatralischen Ausbrüchen, Verlustangst oder Abschieden auf der Mattscheibe kommt.
Das Theater ist geblieben, nicht zuletzt wegen Nick Uratas unverwechselbarer Stimme. Sentimental, gefühlsversehrt, aber eben nicht kitschig nutzt er die gesamte Bandbreite seines Stimmumfangs, um den zehn neuen Stücken diese ganz besondere Note zu verleihen. Die Musik hingegen hat sich verändert und ist doch typisch DeVotchKa. Nach wie vor versammelt die Band aus Denver Versatzstücke aus unterschiedlichsten Ländern, wobei nach wie vor Klänge aus Osteuropa und Mittelamerika den Großteil ausmachen. Die elegischen Geigen, die schnarrenden Trompeten oder gezupften Mandolinensaiten bekommen allerdings dieses Mal deutlich mehr Unterbau anhandgestellt.
Das eröffnende, den frühen Decemberists nahestehende „Straight Shot“ mit seinem genretypischen Video springt noch auf den seit über 20 Jahren fahrenden Zug der Band auf, doch schon „Let Me Sleep“ streckt sich in alle Richtungen aus und wird breitwandiger, flächiger, cineastischer. Schon immer haben DeVotchKa einzelne Songs szenisch komponiert und dieses dann auch musikalisch so umgesetzt, „This Night Falls Forever“ bringt den Film im Kopf gleich mit. Das liegt nicht mehr nur an den himmlischen Melodien, die bei „Vessels“ voller bitterer Süße gen Himmel steigen oder bei „Done With These Days“ mit beseeltem Pfeifen verziert werden.
„My Little Despot“ ist dabei an Innigkeit und Weltumarmung gleichermaßen kaum zu übertreffen. Ein hektischer Mariachi-Beat, Samba-Pfeifen, dräuende Cellos, singende Trompeten und die Präsenz Uratas, der hier die Liebe in ihrer forderndsten Form besingt. Was sich fürchterlich kitschig liest, entpuppt sich nicht zuletzt als unwiderstehliche, vielleicht beste Komposition der Band. DeVotchKa verdrängen die auf „100 Lovers“ stärker hervortretende Lieblichkeit wieder zugunsten der tiefer gehenden Rotweinschwere und pilgern beim gravitätischen „Break Up Song“ auf den Wegen, die Beirut so ein wenig aus den Augen verloren hatten. Den bereits erwähnten Unterbau aus herzhaften Gitarren und deutlich forcierter Perkussion wiederum holen sie bei „Angels“ vollends in den Vordergrund und klingen hier so deutlich wie noch nie nach Echo & The Bunnymen. Im abschließenden „Second Chance“ pfeift Urata dann auch noch so hingebungsvoll wehmütig, dass man sich schon im Kopf schon den Abspann des nächsten Lieblingsfilm wünscht.
Es ist nicht schwer zu erraten, dass DeVotchKa einen besonderen Platz im Herzen des Rezensenten haben, doch den muss man sich nach sieben Jahren Abstinenz, zahlreichen Mitbewerbern und gewachsener musikalischer Ansprüche auch wahlweise bewahren oder zurückerobern. Vielleicht sollten sich einzelne solcher Herzensbands auch heutzutage mal ein Beispiel daran nehmen. Doch bis dahin lehnen wir uns lieber noch mal zurück und genießen die schwelgerische Frische dieses unerwarteten Comebacks in vollen Zügen.