Maifeld Derby 2016Das bisschen Regen

It’s thunder and it’s lightning. Rock, Regen und richtig gute Stimmung – das Maifeld Derby war auch im 6. Jahr ein voller Erfolg. Daran konnte auch ein bisschen Nässe nichts ändern.
Während das zeitgleich stattfindende Rock am Ring tagelang im Matsch versank und schließlich vorzeitig abgebrochen werden musste, konnte die Mannheimer Veranstaltung mitsamt seiner großartigen Crew und seinem bestens gelaunten Publikum durchhalten. Zwar regnete es auch hier an jedem drei Festivaltage – und teilweise auch recht heftig –, ein frühes Ende war aber glücklicherweise nicht in Sicht.

Es wäre auch wirklich schade gewesen. Das Maifeld Derby, welches sich bereits in den letzten Jahren klammheimlich zu einem der beliebtesten kleinen Festivals mausern konnte, trumpfte diesmal richtig auf: Auf vier Bühnen tobten sich 78 KünstlerInnen aus, denen man die Freude über den freundlichen Empfang deutlich anmerkte. Einzig Vögel Die Erde Essen, die für Freitagabend eingeplant waren, mussten aufgrund einer Autopanne absagen. Trost gab es genug: Nach dem Startschuss mit der Frankfurter Singer-Songwriterin Belqis ging es schon am ersten Tag ordentlich rund mit Bands wie Liima, Weaves, Mothers, MØ und einer Lesung von Kate Tempest, die mal eben jeden Poetry-Slam-Teilnehmer das Fürchten lehrte und beim Q&A den einen oder anderen Lacher auf ihrer Seite hatte.
Abends klopften die Herzen dann dank der Beats von Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi etwas schneller, die ein echtes Open-Air-Highlight unter zu diesem Zeitpunkt noch einigermaßen klarem Himmel waren. Groß wurde es anschließend im Hauptzelt bei Flume, laut und verschwitzt hingegen im rockigen Brückenaward-Zelt mit METZ. Die bereiteten auch die perfekte Einstimmung für Die Nerven, deren Auftritt allerdings mit einem wahren Wolkenbruch in der Nacht endete.

Waren die Hosen und Schuhe am Samstag auch noch nicht ganz trocken, ging es auf dem Gelände am Maimarkt in bester Stimmung weiter. Von der Currywurst-Bude bis zum Handbrot-Stand unterhielt man sich auch mit Fremden gut, während auf der Fackelbühne im Freien Bands wie L’Aupaire und Okta Logue die Gummistiefeltragenden beim Pfützeumtanzen beobachten konnten. Zusätzliche Punkte auf seinem mittlerweile wohl platzenden Sympathiekonto sammelte Max Gruber alias Drangsal, der am späten Nachmittag für Verwirrung bei zwei jungen Damen in der dritten Reihe sorgte, als er sich und seine Band erst als „Die Lochis von YouTube“ und ein Stück später als die am Vorabend bereits aufgetretenen Die Nerven vorstellte. Der Rest des Publikums wusste besser Bescheid und sang (nicht nur) zu den bekannten Singles und möglichen Song-des-Jahres-Anwärtern „Allan Align“ und „Love Me Or Leave Me Alone“ lauthals mit.

Im bestuhlten Parcours D’Amours konnte man dann am Abend mit Fins träumen, während die Supergroup Minor Victories (bestehend aus Mitgliedern von Slowdive, Editors und Mogwai) im großen Palastzelt einen ihrer ersten Auftritte überhaupt erfolgreich absolvierte. Generell hatte es der Samstagabend wirklich in sich: Mit einem fantastischen Set spielten sich die texanischen Postrocker von Explosions In The Sky direkt ins Herz, anschließend durfte man sich zu Augustines unter freiem Himmel die Seele aus dem Leib grölen oder zu Trend die Schweißdrüsen Akkordarbeit leisten lassen. Mit James Blakes Mix aus elektrischer Kühle und souliger Wärme beruhigte sich der Puls wieder ein wenig, was sich bei Pissed Jeans dann aber doch schnell wieder erübrigte.

Die Testreihe zur Atmungsaktivität der Regenjacken schien am letzten Tag eigentlich abgeschlossen: Bis auf einen kleineren Schauer am Mittag verzogen sich die Wolken fast vollständig – tatsächlich wurde es plötzlich so heiß, dass Isolation Berlin ihr Set frühzeitig beenden mussten, um etwas Luft ins Zelt zu lassen. Besser hatten es Algiers auf der Open-Air-Fackelbühne und die gehypte Julien Baker, die Verzücken und selig lächelnde Gesichter im Parcours D’Amours hervorrief. Mit Mini-Blaskapelle konnte man derweil zu Destroyer auf Wolke sieben schweben – nur eine von mehreren Bands an diesem Wochenende, die vom Primavera Sound in Barcelona einflogen. So etwa auch Protomartyr, die ein gelungenes Garage-Rock-Set im mittlerweile gut gelüfteten Brückenaward-Zelt spielten, während das Duo BOY das Palastzelt in Beschlag nahm. Fast die gesamte Festivalmeute schien aber anwesend zu sein, als Dinosaur Jr. dem Publikum im Freien ordentlich einheizten – und wohl einen Regentanz zu viel herbeibeschworen. Pünktlich zum Abschluss ihres Auftritts wurde es stockfinster über dem Maimarktgelände, kurz nach den ersten Unwetterwarnungen wurden auch schon die Stände abgeschlossen.

Aufgeteilt auf drei Locations blieb den FestivalbesucherInnen nun nichts anderes übrig, als das tosende Gewitter auszustehen: Mit Blitzen, Donnergeröll und vielen, vielen Litern Regen verabschiedete sich das Maifeld Derby am Sonntagabend immerhin mit Karacho. Leider mussten die Auftritte des Comedy-Acts Tiere Streicheln Menschen sowie der von White Fence abgebrochen werden, aber immerhin lieferten Daughter auf der großen Palastzelt-Bühne den perfekten Soundtrack für den Weltuntergang. Ein großes Lob auch hier an die Veranstaltenden und OrganisatorInnen: Mit guter Planung und viel Ruhe wurde hier Panik verhindert und für die Sicherheit aller Gäste gesorgt. Am Ende war der Regen vorbei, die gute Stimmung aber noch deutlich vorhanden – und den Rest vom Handbrot gab es kostenlos dazu. Bis zum nächsten Jahr, liebes Maifeld Derby!
Bilder: Rinko Heidrich