LowOnes And Sixes

Der erste Song führt ein wenig in die Irre – zumindest mit Kopfhörer ist „Gentle“ auch nur ganz schwer erträglich, weil er flirrend-quietschende Passagen hat, die einem das Trommelfell aus dem Gehörgang zu ziehen suchen. Doch schon „No Comprende“ versöhnt. Die Bassläufe erinnern fast ein wenig an The Black Keys, der Song hat einen sofort und man lehnt sich entspannt zurück. Die Geschichte des Albums hat ihren Weg gefunden und setzt sich mit „Spanish Translation“ konsequent fort.

Low sind auch dieses Mal eben genauso langsam wie schon seit 1993. Sie sind zuverlässig in ihrer Arbeit, ohne zu langweilen. Denn das Spannende, das unter anderem auch in der weiblichen und männlichen Hauptstimme in der Interaktion mit den Instrumenten liegt, ist, dass langsame Musik weniger Fehler erlaubt. Wie unter einer Lupe entwickelt sich ihr elftes Album zu einem starken Mix aus knartschenden Gitarren, fast auf der Stelle stehendem Gesang und passender elektronischer Unterstützung.

Ganz heimlich schleichen sich dabei sogar Gedanken an Country ein, denn der Gesang erinnert vor allem zusammen mit der Instrumentalisierung daran – wenn auch nur für Sekunden. Es ist schon irre, sich vorzustellen, dieses Projekt namens Low als Ehepaar zu tragen. Für manche von uns mag es undenkbar sein, mit dem Liebespartner auch das Arbeitsleben zu teilen. Alan Sparhawk und Mimi Parker schaffen das jedoch mit Leichtigkeit – und ziehen daraus vielleicht sogar die Kraft, die ihre Musik verströmt. Man könnte es als schlafwandlerisch, zumindest aber selbstbewusst bezeichnen, was da auch auf „Ones And Sixes“ geschieht. Songs wie „Into You“ sind perfekt auf den Punkt gebracht, geben den Stimmen Raum, ohne es zu „singer-songwritermäßig“ zu verankern. Es sind natürlich auch Geschichten über Liebe und das Leben mit ihr, mit dem Geliebten, die erzählt werden. Sie verbreiten ein warmes Gefühl des Verstandenwerdens und des Wissens, den Richtigen an der Seite zu haben. Nicht überbordend emotional, sondern eher so, als erzählte der beste Freund beim Kaffee in der Küche, wie gut ihm das Leben gerade mitspielt.

Low machen Herzensmusik, ohne kitschig zu sein und beweisen seit mittlerweile 23 Jahren, dass man sich durchaus auch mal auf die guten Seiten des Lebens besinnen kann. Meckern ist einfach – schwer ist es, das Gute am Leben zu schätzen, denn das Böse scheint immer zu gewinnen. Duette wie „What Part Of Me“ führen die Stimmen der beiden dann zusammen. Sie stellen sich Fragen, die das Leben stellt, die die Liebe stellt, die die Zweifel stellen, die man auch haben kann, wenn es einem von außen betrachtet doch richtig gut gehen müsste. Das Trio aus Minnesota ist lebensweise, vor allem im Vergleich natürlich auch zu jungen Bands, über deren Altersweisheit in Teenagerjahren man manchmal schmunzeln möchte. Low sind aber auch kräftig und haben einen Mittelpunkt im Leben gefunden, sie müssen nicht kämpfen um die Aufmerksamkeit. Keine Ahnung, ob diese Verankerung auch aus dem Glauben der Mormomen resultiert, die das Paar vereint. Ein sicher insgesamt sehr symbiotischer Lebensentwurf, der nicht jedermanns Sache wäre. Aber wenn dabei so etwas Gutes herauskommt: gerne doch!

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