Natalie PrassNatalie Prass

„It Is You“ – eigentlich benötigt man gar nicht die Fähigkeit, den Text dieses Songs zu verstehen. Da singt doch eine richtig gute Freundin von Mary Poppins umspratzelt von flirrenden Schmetterlingen in Technicolor über die große Liebe, die ihr das Leben lebenswert macht. Und eben nicht nur überlebenswert, so wie unser Alltag sie manchmal dezimiert.

Die Musik von Natalie Prass ist das, was gute Musicals ausmachen sollte: herzerweichend, violinenprall und quietschbunt, ohne jene magische Grenze zum widerlichen Kitsch zu überschreiten. Ein wenig aus einer anderen Zeit und besseren Welt begleiten tschilpende Instrumente ihren zuckersüßen Gesang. Muss man mögen, kann man auch – denn mal ehrlich? Zu welchem Soundtrack sollte man sonntagmittags das vom Liebsten ans Bett gebrachten Buttercroissant in den selbstgebrühten Kaffee tunken, wenn nicht zu diesem?

Es ist dabei nicht immer rosa – auch nicht im Leben dieser fantastischen Sängerin aus Cleveland. Man merkt ihr an, dass sie ihre Erfahrungen gemacht und ihre Wunden geleckt hat. „Reprise“ sinniert darüber, dass man sich vielleicht immer wieder zum Deppen machen würde, wenn der richtige Mensch die falschen Knöpfe an einem drückt (oder war es umgekehrt?). „Never Over You“ hält das, was der Titel verspricht: viel Herzeleid und Easy-Listening-Elemente, die fast ein wenig auf Sprechgesang treffen, bevor sich die Instrumente einreihen, um das große Ganze zu ergeben.

„Your Fool“ ist im besten Sinne ein Mitwippsong mit Clap-your-hands-Attitüde, „Violently“ fast in der Ära von Ray Charles und Orchesterbegleitung verankert. Ein wenig schiebt sich das Bild einer Sängerin vor großem Ensemble in den Kopf – vielleicht das Pendant zu Größen wie Frank und dem Rest vom Rat Pack? Man möchte nicht zu hoch greifen mit seinen Vergleichen – aber hey, das hier ist ein Debütalbum in einer Sparte, in der es nicht gerade ein Überangebot gibt. Vielleicht ist es gerade deshalb auch mit diesem ganz besonderen Zauber versehen. Die Stimme von Prass kennt viele Kolorationen, es wird nicht langweilig auf ihrem selbstbetitelten Erstling – auch wenn diese Gefahr bei der scheinbaren Leichtigkeit ihres Genres durchaus hätte gegeben sein können. Sie ist mädchenhaft und erwachsen zugleich, denn Liebe ist eben auch Leid, wenn sie groß ist. Und vielleicht sollten wir dankbar sein, dass Natalie Prass mit dem Orchester des Spacebomb-Labels nicht nur einen fabelhaften Komplizen besitzt, sondern auch den einen oder anderen Liebeskummer durchlitten hat, der solche Musik erst ermöglicht.

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