The GotobedsPoor People Are Revolting
Tweet |
Label:
Erste Theke Tonträger
VÖ:
06.02.2015
Referenzen:
The Fall, Marked Men, Pavement, Royal Headache, Wire
|
Autor: |
Pascal Weiß |
Ihren Bandnamen können The Gotobeds aus Pittsburgh eigentlich nur halbwegs ernst gemeint haben, wenn sie damit den Morgen danach meinen. Selbst dann ist es schwer vorstellbar, dass das richtige Betten sein sollen. Eher Teppichböden. Oder irgendeine alte Couch. Auf jeden Fall sind drumherum einige Flaschen ausgelaufen, haben glimmende Kippen auf ihren letzten Millimetern wenigstens noch einen Brandfleck hinterlassen, hängen eingerissene Poster von The Fall und Wire an bröckelnden Wänden.
Kellertreppe runter, los geht’s: „Poor People Are Revolting“ ist die Einladung zur Abrissfete. Freier Eintritt, volles Programm. Dabei beginnt der ganze Punk so unerwartet, wie er endet: Während „Fast Trash“ bereits mittendrin startet und dennoch unaufhaltsam für über zwei Minuten seinem Höhepunkt entgegenrennt, verabschiedet sich das finale „Secs Tape“ ganze zehn Minuten lang, ohne dass irgendjemand die ganzen Ehrenrunden mitbekommen würde. Der Song basiert auf einem anfangs im Vordergrund repetitiven Riff, das im Verlaufe des Songs von Feedbacknoise, Bass, Stimmen und weiteren Gitarren mehr und mehr von der Bühne gedrängt wird, sich aber zu einem pulsierenden Groove entwickelt und das ganze Stück zusammenhält.
Sänger und Gitarrist Eli Kasan nimmt auch hier eine zentrale Rolle ein, seine Stimme tänzelt nicht selten zwischen Wut und Lebenslust. Zeilen wie „Walk the 16 blocks to yr house out on loan. The need to own these things i want but don’t own“ folgt schnell ein ausgelassenes „Wooooo!“, lethargische Kapuzenpulli-Coolness in dem an ganz frühe Pavement erinnernden „To & Fromme“ wird mit tanzwütiger Rampensau gekontert, wenn das furiose „Wasted On Youth/Melted Candle“ stampft wie ausgelassene Les Savy Fav. Wenig verwunderlich somit auch, dass sich ausgerechnet die bissige Anti-Liebeserklärung „New York’s Alright“ (das „If You Like Sex & Phones“ dahinter liefert die Erklärung) als zugänglicher Strokes-Tanzflächer tarnt. Dabei wird der eingängigste Refrain des Albums mit einem treffsicheren Video untermalt, das gegen Ende mehr oder weniger augenzwinkernd visualisiert, wie die Band zu den Vergleichen mit Parquet Courts steht.
Lieber direkt Tacheles? Auch kein Problem: „Brother Fucker/ I got a sister too!“ schallt es inmitten dieses Debüts, das besonders an solchen Stellen die Wurzeln von Eli Kasan und des zweiten Gitarristen Tom Payne offen legt. Beide spielten schon einige Jahre in der lokalen Hardcore-Band Kim Phuc zusammen, im neuen Quartett mit Basser Gavin Jensen und Drummer Cary Belbeck hat sich der Sound nun deutlich in Richtung 90er-US-Indierock verschoben. Und genau da schließt sich der Kreis, wenn in den Staaten ausgerechnet Gerard Cosloy auf The Gotobeds aufmerksam wurde, der eben in jenen 90ern Matador Records mitanführte und inzwischen auch das punkigere kleine Label 12XU in Austin leitet.
Auch hierzulande gibt man sich reichlich Mühe. So erscheint „Poor People Are Revolting“ samt eingedeutschtem Cover, aktualisierter Tracklist – die zweite Albumhälfte wird im Vergleich zur US-Version deutlich aufgewertet, indem die leicht abfallenden „Fucking Machine“ und „Rollin‘ Benny“ zugunsten der beiden herausragenden Garagen-Hits „Ipso Facto (It’s All Happening)“ und „New Dress (Debutante)“ weichen – und frischem Remastering von Daniel Husayn auf dem liebenswerten Erste Theke Tonträger. Welch trefflicher Name in diesem Zusammenhang. Poor People Are Revolting? Darauf nehmen wir noch einen. Selbst wenn wir nichts mehr haben. Auf Stützbier und Absacker!
Die EU-Version der LP ist jetzt übrigens bei Erste Theke u.a. zu haben, für alle bis hierhin Geduldigen.