InterviewWhoMadeWho

WhoMadeWho gastierten Anfang April im vollen Bürgerhaus Stollwerk in der Technostadt Köln. Das Trio präsentierte sein neues Album „Dreams“, inszenierte sich dabei gewohnt spielfreudig und gab auch noch ein Cover von Mr. Oizos „Flat Beat“ zum Besten. Ganz sicher nicht als Lückenfüller, sondern als Bindeglied, trotz natürlicher Instrumentierung war das Konzert nahezu ein Set. Klassiker wie „Every Minute Alone“ oder „Inside World“ wurden nahezu ineinander geführt. Tomas Høffding, Bassist von WhoMadeWho, sprach mit Saskia Gerhard und Philipp Kressmann über Techno(-Pop), die skandinavische Musikzene und das neue Album „Dreams“.
AUFTOUREN.DE: Wie kann man sich euch im Studio vorstellen? Ist das sehr entspannt und gelöst, wie ihr euch auch „on stage“ präsentiert, oder ganz streng?
Høffding: Wir haben jetzt gerade sogar mehr gearbeitet als früher. Wir können generell nur einen Monat produzieren. Wir haben zu viel Energie. Ein Monat, dann machen wir eine Pause. Dann noch einen Monat, und dann kommt der letzte Monat. Das muss sein, wir sind hektisch. Das ist einfach diese Vibe bei uns. Beim ersten Album war das Genre noch sehr frisch. Da haben wir viel gejammt. Dann haben wir ja weltweit sehr viele Gigs gespielt und alle meinten: „Ihr müsst eure Live-Aura auf Platte kriegen“ – das haben wir versucht. Auf dem letzten Album haben wir uns aber ganz bewusst gesagt: Okay, unsere Fans kennen uns als verrückte Liveband. Aber auch Songs wie zum Beispiel „Every Minute Alone“, der war auf Platte nie so ein energetisches Ding, wie sich das dann live vollzogen hat. Das ist toll, aber wir haben ganz bewusst darauf verzichtet, diese Live-Energie immer direkt einzufangen. Das war sehr befreiend. Wir haben uns von dem Zwang, etwas gezielt Verrücktes, Ausgeflipptes zu produzieren, ein wenig gelöst. Wir wollten mal Musik primär zum Hören machen, nicht direkt die Clubkompatibilität als Ziel haben. Ich würde sagen, dieses Album ist das transparenteste bisher, da ist am wenigsten Laissez-Faire drin.
Trotzdem empfand ich die erste Single „In The Morning“ immer noch als sehr treibend. Also kein so krasser Paradigmenwechsel.
Das ist noch ein wenig hektisch, das stimmt. Aber der Rest eigentlich nicht so stark. Es ist insgesamt sehr poppig. Vier Alben waren wir mehr in diesem Indie-Ressort, zehn Jahre lang. Jetzt haben wir in dem Sinne ein wenig den Pfad gewechselt, wir wollten das nicht so wiederholen. Klar, das ist kein Riesenunterschied, aber es ging nicht mehr um dieses gezielte Ausflippen, dieses Verrückte. Wir waren deswegen auch ein wenig ängstlich. Wir haben verstanden, dass „Dreams“ weniger diese maskuline Energie hat. Ich würde sagen, da ist mehr Feminimes drin, mehr Raum für Emotion.
Würdest du das so klar einstufen? Nach dem Geschlecht charakterisieren?
Nein, das sind natürlich Vereinfachungen. Es war auch nicht die Zielsetung. Aber es gibt einfach ein paar Reaktionen und Rezensionen, die das jetzt vermissen und das jetzt deutlich schlechter finden. Das hatten wir auch befürchtet, nicht dass uns das jetzt krass tangiert, aber dieser Wechsel ist halt deutlich. So unter dem Motto: Jetzt machen die aber einen auf kommerziell. Bisher sieht es, was die Reaktionen angeht, aber eher nach Honorierung aus.
Ihr seid ja auch für sehr eigene Videos bekannt. Wie kam es zur Idee von „The Morning“? Das ist ja sehr im DIY-Stil geblieben, mit Social-Media-Selfies und eigenen Videos.
Wir müssen gar nicht immer drin sein. Wir beharren nicht darauf. Vielleicht kamen deswegen auch so viele gute Sachen dabei raus. Es sollen andere Leute ihre Ideen zu artikulieren. Wir versuchen, nicht zu sehr bei so etwas einzugreifen. Wir wollen da nicht so krass kontrollieren. Wir geben es ab an Leute, denen wir vertrauen. Ehrlich gesagt, wir waren da gar nicht involviert. Das war jetzt bei dem Video beispielsweise auch die Idee von unserer Managerin. Wir wissen aber, dass wir bestimmte Videos nicht machen wollen. Also bei bestimmten Sachen würden wir schon was sagen. Vereinfacht: Es soll nicht so standardhaft sein. Auf der anderen Seite, „Every Minute Alone“, dieses Video hat schon ein wenig Einfluss auf mich gehabt. Ich bin normalerweise jemand, der auf der Bühne, glaube ich, sehr glücklich ausschaut. Dann habe ich mich selbst in diesem Video gesehen, das war das erste Mal, dass ich mit drin war. Und es ging darum, möglichst ausdruckslos geradeaus zu blicken. Und das hat in dem Songkontext einfach Sinn ergeben und das hat mich auch „on stage“ irgendwie beeinflusst. Das hat Spaß gemacht. Das hat mich vom Verständnis her ein wenig umgedreht.
Ihr gebt also gerne ab. Es gibt ja auch ganz spezielle Poster von euch, auf der aktuellen Tour. Lief das ebenfalls spontan ab? Eines davon stellt auch Panther dar, die sich so halb im Busch verstecken. Und das soll eure neue Single „Hiding In Darkness“ symbolisieren, die ja wiederum eine Anspielung auf Berghain ist.
Ja, genau. Die kamen auf uns zu. Wir waren angetan von der Idee. Das passiert oft. Aber auch hier meinten wir im Grunde nicht mehr als: Klar, go for it! Und zu dem Song an sich: Ja, das stimmt. Das ist eine Referenz an diesen legendären Technoclub in Berlin. Das war die Inspiration, aber im Grunde ist es natürlich universeller gemeint. Ursprung war aber eine fantastische Nacht, die wir dort hatten. Ganz allgemein: Wir machen erst den Track-Unterbau, dann kommen die Melodien und die Lyrics. Und diese Bilder von dem Gig haben uns noch verfolgt, das war was Besonderes.
Ihr werdet ja generell oft als Technopop bezeichnet. Beim Techno gibt es aber vor allem den Track mit seinen repetitiven Elementen. Bei euch ist diese Techno-Affinität schon spürbar, aber auch immer so ein wenig Verspieltheit mit drin. Inwiefern trifft die Kategorie aber doch auf euch zu?
Wir verspüren immer noch eine große Affinität zur Technoszene. Wir fühlen uns da verbunden. Wir sind immer an Remixarbeiten interessiert. Vor allem aber auch, wie wir unser Liveset konzipieren. Unser Konzert ist stark orientiert an DJ-Sets. Wir sind sehr auf die Menge konzentriert. Das hat für uns Priorität. Wir schauen stark auf die Reaktionen des Publikums. Die neuen Stücke des Albums sind nicht immer so stark im Vordergrund, es geht eher um den Klimax. Um die Steigerungen, um das runde Ganze. Das ist uns wichtig. Das ist ja das, was Techno ausmacht: Spannung, das Auf- und Absteigen. Diese Stufe soll ja immer erreicht werden, über die Jahre haben wir es immer versucht, diesen Spirit allein mit Gitarre und Bass zu realisieren. Ich würde auch sagen, diese Komponente ist mit das Beste an WhoMadeWho. Wenn wir manchmal auf Technoparties spielen, machen wir unser Set davon sehr stark abhängig.
Letztes Jahr habe ich das Spot-Festival besucht. Es ging vor allem um die skandinavische Musikszene und die zentrale Frage, ob es da eine Szene gibt. Es ist ja relativ überschaubar, aber dennoch sehr heterogen. Wie siehst du das? Und würdest du sagen, WhoMadeWho gehören dazu?
Klar, viele Bands gehören dazu. Ich denke schon, es gibt einen „Nordic Sound“. Definitiv. Nicht alle Bands haben ihn. Ich würde sagen: viel Reverb und so, viel Melancholie! Ich denke, das hängt mit dem Wetter zusammen. Vor allem in Schweden oder Norwegen ist es echt immer sehr dunkel. Nicht nur im Winter. Das färbt auf die Musik einfach ab. Aber unsere Band würde ich nicht direkt dazuzählen. Mit dem letzten Album gab es vielleicht ein paar Parallelen in einigen Momenten, aber insgesamt flüchten wir eigentlich eher. So gut wie wir das eben können!