Element Of Crime in DüsseldorfJedermanns Sache

Im Rahmen des New Fall Festivals in Düsseldorf sind Allerheiligen auch Element Of Crime zu Gast. Die Herren um Sven Regener spielen vor bestuhltem Publikum in der Düsseldorfer Tonhalle – eine Konzertstätte, die sonst wohl eher die Anhänger klassischer Musik zusammenführt. Was wiederum noch nicht unbedingt erklärt, warum man weder Getränk noch seine Jacke mit in die Halle nehmen darf (Brandschutz).
Die unter einer riesigen Kuppel akustisch traumhaft abgestimmte Tonhalle verwirrt die Band anfangs ebenso wie das Publikum. Dieses hat zwischen der arg konservativ dreinblickenden und auch bis aufs letzte Haar glatt gekämmten Ehefrau auf verzweifelter letzter Abenteuerfahrt, über den typischen Denkerpose-Typen Marke Saul Berenson aus „Homeland“ bis hin zum lässig gekleideten Anfang-Zwanziger-Dakine eine selten gesehene Bandbreite zu bieten. Die Band selbst muss sich vor allem auf den ungewohnten Umstand einer brav aufgereiht sitzenden Menge einstellen. Doch wäre Sven Regener nicht Sven Regener, wenn er sich nicht direkt mit Worten zu helfen wüsste.
Er habe bei einem guten Freund nachgefragt, der sich mit sowas auskenne. Zwischen den Stücken immer viel erzählen, das sei gut in solch einer Situation. Dass er sich daran anschließend eine ganze Weile nicht hält, versteht sich von selbst. So gibt er erst beim etwa zwanzigsten Stück zu bedenken, dass es nun ja auch nichts mehr nütze, was zu erzählen, da er dies bei den vorangegangenen Songs versäumt und somit jetzt keinen geeigneten Anknüpfungspunkt mehr habe. Auch wieder wahr. Die Trompete hat Regener von Beginn an griffbereit, auf seine Brille verzichtet er hingegen: „Mit Brille auf der Bühne, das ist schließlich auch nicht jedermanns Sache“.
„Mittelpunkt Der Welt“ bleibt jedenfalls weiterhin jedermanns Sache und mit insgesamt sechs Songs auch Mittelpunkt der Show (der Titelsong eröffnet passenderweise den Abend), daran hat sich auch seit ihrem letzten Album „Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie“ (dessen Titelsong konsequenterweise das reguläre Set beendet) nichts geändert. Element Of Crime scheuen sich zudem nicht, mit „Delmenhorst“ ihren wohl größten Hit bereits als dritten Song zu verheizen, selbst wenn das, wie Regener anmerkt, gewagt ist und später als sichere Bank bei der Zugabe eine Lücke reißt. Ganz schön risikofreudig.
Naja, nicht ganz. Schließlich weiß man sehr wohl, was man hat: Während zum Egoshooter „Death Kills“ rammsteinartig grelle Lichter anspringen oder die Bee Gees mit „I Started A Joke“ gewürdigt werden – ein obligatorisches Cover muss ja auch immer mit rein – verzichtet die Altherrenkapelle freilich nicht auf die großen Hits älterer Werke wie „Weißes Papier“, „Draußen Hinterm Fenster“ oder „Jetzt Musst Du Springen“. Etwas erstaunlich hingegen: Insgesamt bringt es die Band heute auf immerhin vier englischsprachige Stücke, die die Homogenität des Sets bewusst unterbrechen.
Ganze drei Male lassen sich Element Of Crime am Ende dieses nasskalten Novemberabends zurück auf die Bühne klatschen, das muss man dem dankbaren Publikum lassen, um alten Resten eine Chance zu geben und es zu „Bring Den Vorschlaghammer Mit“ gar – obwohl strengstens verboten (vermutlich Brandschutz) – gemeinschaftlich von den Sitzen zu reißen. Hier drinnen: schunkelnd in den nasskalten November. Draußen: Da wird’s früher dunkel.