Kevin Barnes, Zentrum von of Montreal, hat seine Truppe erneut um sich versammelt. Diesmal ging es darum, Songs „the way people used to make albums in the late 60s and early 70s“ mit Produzent Drew Vandenberg (Toro Y Moi und Deerhunter) musikalisch umzusetzen. Gedacht, gemacht: Der Eröffnungssong „Fugitive Air“ präsentiert sich in leicht countryhaftem Gewand und auch die Riffs in „Belle Glad Missionaires“ schielen ganz klar in Richtung der 60er-Jahre, und das nicht nur im Sinne eines zum Teil vernehmbaren Lo-Fi-Gestus.

Das bassdominante „Colossus“ öffnet sich für eine Prise Psychedelic-Hauch und spätestens bei den süffigen Klavierarrangements auf „Amphibian Days“ wird einem bewusst, dass der Ansatz einer Klangästhetik-Renaissance, wie sie momentan vor allem Foxygen verfolgen, perfekt zu dem traditionsgeschulten, aber immer offenen Stil von Barnes passt. Allein eine Einordnung dieses Albums unter „Psychedelic Country Pop“ griffe wahrscheinlich zu kurz, da man damit noch nicht Barnes‘ Vorliebe für Soul und Funk erfasst, auch wenn diese auf „Lousy With Sylvianbriar“ nur ansatzweise zu hören ist. Gerade in dieser Hinsicht hätte man sich in einigen Passagen ein wenig mehr Innovation erhofft.

Eher geht es sequenzweise wieder ein wenig zurück zu den Roots, denn „She Ain´t Speakin Now“ klingt durch das auffällig kompakte Gitarrengerüst mitunter nach Weezer, die Schrammelmomente phasenweise nach dem frühen Beck. Dennoch oder vielleicht gerade wegen dieser referenziellen Fixpunkte ist „Lousy With Sylvianbriar“ hochmelodisch geraten, nicht nur im ohrenschmeichlerischen „Obsidian Currents“, das ein wenig an dezenten Destroyer erinnert.

Wer der Platte aufgrund ihrer Soundästhetik vorschnell ein „Hippie“-Etikett aufpresst, sollte konzentrierter auf die Lyrics hören. „Colossus“ beginnt trotz harmonisch verträumten Pianos mit der Zeile „Your mother hung herself in the National Theater when she was four months pregnant with your sister.“ Barnes macht Gebrauch von einer Kontradiktorik, die ein nur oberflächliches Hören nicht adäquat erfassen kann. Vielleicht findet man genau hier eines der wenigen Stilmittel, dem die Band auch dieses Mal trotz aller Sound-Schwerpunktverlagerungen treu geblieben ist. Auch wenn man bei of Montreal mittlerweile vermuten kann, dass das Sich-nicht-treu-Bleiben nur ein Modus des Sich-treu-Bleibens ist.

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