FKA twigsEP2

Wie würde es wohl klingen, wenn Geister Popmusik produzierten? FKA twigs erreicht mit ihrer „EP2“ eine Intimität, wie sie selbst The xx nicht gelang und befindet sich dabei in einer mystischen Zwischenwelt. Schüchtern bodenständig, düster belebend und rudimentär melodisch.

Verschiedenste Einflüsse, Gegensätze und der bodenständige Umgang mit den eigenen Talenten scheinen nicht nur FKA twigs, sondern auch ihre Musik auszumachen. Geboren ist sie in der Grafschaft Gloucestershire im Westen Südenglands. Dort noch von Traktoren auf dem Weg zur Schule getrieben und mit Kühen als direkten Nachbarn, lebt sie heute in London zwischen Tonstudio und Pub – den beiden Orten, die sie zum Musikmachen beziehungsweise für das nötige Kleingeld am meisten frequentiert. Nach London kam Twigs mit 17 und dem Traum, Balletttänzerin zu werden. Nach wenigen Wochen wusste sie, dass sie mit ihrer eigenen Musik Geld verdienen wollte. Sie brach die Tanz-Ausbildung ab, geht aber noch heute wöchentlich bis zu zweimal zum Ballettunterricht, mithin auch für zeitgenössischen Tanz und HipHop.

Die Vorliebe für Musik und zum Tanzen geht wohl auf ihre Mutter zurück, welche selbst Salsa-Tanzlehrerin war und sie schon früh auf verschiedene Partys mitnahm und beim DJ-Pult absetzte. Dazu kamen die spanischen Wurzeln ihrer Mutter und der jamaikanische Einfluss durch ihren Vater, dessen Freunde sie erst darauf aufmerksam machten, dass sie mit ihrer Stimme das Zeug dazu hatte, eigene Sachen zu machen. So schreibt sie bereits seit 10 Jahren ihre eigenen Songs, von denen im Dezember 2012 vier auf ihrer ersten EP zu hören waren: unterkühlter R‘n‘B mit Dubstep-Elementen, polternde, zischende sowie vorbeirauschende Synthies und klackernde Beats. Ihr Gesangsstil erinnerte ebenso an M.I.A. wie an Beyoncé, Twigs beherrschte den selbstbewussten Pop ebenso wie zart-emotionalen R‘n‘B. Doch über alles legte sich etwas Sphärisches, etwas Unbekanntes.

Die zweite EP der inzwischen 25-jährigen enthält wieder vier Songs und erscheint unter leicht geändertem Nom de Plume auf dem Label Young Turks, das auch Werke von SBTRKT oder The xx veröffentlichte. „EP2“ macht noch viel mehr deutlich, was dieses Unbekannte auf der ersten EP ausmachte. Es ist eine Intimität, eine spezielle Atmosphäre, die diese Songs umgeben. Man stelle sich einen Raum vor, zu dem nur Seelen und Geister Zugang haben – schwerelos, an keinen Körper gefesselt, nur Fantasie und Bewusstsein. Das ist der Ort, an dem die Musik von FKA twigs entstehen könnte – körperlos, düster und doch belebt. Zwischen Synthies, Beats und Vocals gibt es immer wieder Freiräume, Elemente scheinen unbedacht aneinander gestückelt und ergeben zusammen doch eine Melodie. Synthies wie hüpfende Tennisbälle und in sphärischen Hallen platzende Seifenblasen, klackende Beats, überdehnte, in Zeitlupe abgespielte Vocals – wie Geräusche und Stimmen aus einem fernen Universum. Gebrechlich zart, verzerrt, aber doch intensiv.

Mit naiv-lasziven Charme singt sie über die Schwierigkeiten in der Liebe. So gibt sie sich in „Water Me“ als zartes Pflänzchen, welches sich über fehlende Zuwendung beschwert oder zeichnet ein Bild über die Ablösung von materiellen Werten durch die Liebe. Ohne die Stimmung aus den Augen zu verlieren, lässt sich Twigs mit zart-hauchender und bewusst emotionaler Stimme durch rudimentäre, minimalistische und zerbrechliche Klanglandschaften tragen. Wen letztes Jahr das Debüt „Held“ des britischen Produzenten Holy Other überzeugen konnte, wird von FKA twigs begeistert sein – stimmungsvoller R‘n‘B, sphärischer Dubstep und eine Zukunftsvision von Trip-Hop. Wir dürfen uns auf 2014 freuen, dann soll es auch endlich das Debüt-Album geben!

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