Volcano ChoirRepave

Waldschratfolk muss so langweilig sein. Wie sonst lässt es sich erklären, dass einige der Hauptprotagonisten sich immer wieder mal an neue Herausforderungen wagen und ihr Heil in Art-Folk und nicht ganz so Artverwandtem suchen. War bislang Bonnie „Prince“ Billy klar der Tonangeber, könnte er bald durch den mindestens ebenso umtriebigen Justin Vernon abgelöst werden.

Es fällt nicht schwer, sich in „Repave“, dem neuen Album mit seinen Kumpanen von Collection Of Colonies Of Bees zurecht zu finden, denn trotz aller Experimentierfreude bleibt immer noch die prägende Stimme. Der Vorgänger „Unmap“ zeichnete sich eher als Loseblattsammlung aus, „Repave“ wirkt dagegen wie ein kostbarer gebundener Foliant, dessen Seiten mit feinem Blattgold überzogen sind.

Dass Alben von Justin Vernon von Haus aus von flirrenden und brummenden Klängen durchzogen sind, liegt mindestens seit „For Emma, Forever Ago“ auf der Hand, auf „Repave“ kombiniert er noch ein wenig des weichgezeichneten Pop seiner letzten Veröffentlichungen hinzu. Dass dabei der immer ein wenig postrockende Ansatz seiner instrumentalen Mitstreiter nur eine Nebenrolle spielt, tut den Stücken gut und gibt direkt zu Beginn „Tiderays“ eine matt glänzende Firnis, die sich wie ein roter Faden durch das ganze Album zieht.

Mit ein wenig mehr Konzentration auf Gerüst und Form ist „Repave“ weit weniger sperrig als sein Vorgänger, so erreichen Stücke wie das rauschende „Acetate“ mit seinen Chören im Hintergrund und feiner Klavierminiatur fast schon Arcade-Fire-Momente, während „Comrade“ sanft und seidig vor sich hin pluckert, bis ein hinreißender Fingerpicking-Moment das Falsett des Meisters aus der Trauerstimmung reißt.

Mit bemerkenswert ruhiger Hand setzt Vernon Kontrastpunkte, inszeniert das traurige „Byegone“ als Grizzly-Bear-Gedächtnisballade mit kryptischer Symbolik, nur um bei „Alaskans“ ein völlig anderes Kapitel aufzuschlagen und wieder in geisterhaftem Echofolk zu münden. Es wäre schändlich, den letzten drei Stücken nicht auch noch mindestens jeweils ein weiteres Attribut anhand zu geben. So soll sowohl das aus Gitarrenfragmenten zusammengesetzte und schaukelnd vor sich hin pendelnde „Dancepack“ als auch das stark an den apokalyptischen Post-Folk Matt Bauers gemahnende „Keel“ nicht unerwähnt bleiben.

Mit dem sich mählich steigernden „Almanac“ und seiner minimalen Elektronik schließt Vernon das zweite Kapitel von Volcano Choir ausgezeichnet ab. Die vielen, inzwischen sicherlich mit einigen Knittern versehenen Seiten des Künstlers rascheln ein letztes Mal und lassen sich nur schwerlich umblättern. Gesetz den Fall dass er seinem Tempo, seiner Produktivität und vor allem seiner Qualität treu bleibt, ist das aber alles nur eine Frage der Zeit.

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum