Sam AmidonBright Sunny South
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Label:
Nonesuch
VÖ:
17.05.2013
Referenzen:
John Martyn, Nick Drake, Alasdair Roberts, Duncan Browne, Bert Jantsch, Chet Baker
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Autor: |
Carl Ackfeld |
Mit dieser Stimme geht es nicht anders. Schon auf den vergangenen Alben, allen voran dem herausragenden „I See The Sign“, löste der Wahllondoner Weltschmerz, Wehmut und Wehrhaftigkeit aus. Die teils uralten Weisen von eigener und fremder Befindlichkeit, eingebettet in melodiöse Katharsis, wühlten auf, sorgten für den gewissen Unruheschauer und konnten doch mit Anmut und Wohlgefallen überzeugen.
Doch Amidon, rast- und ruheloser Geist, wollte mehr. „Bright Sunny South“ klingt zunächst nach Leichtigkeit, frischer Brise und sanftem Hauch. „Solid Air“ drängt ins Bewusstsein, dieses leichte, von feiner Melancholie durchzogene Meisterwerk John Martyns, auch sonst merkt man dem gebürtigen Amerikaner eine gewisse Nähe zum britischen Folk der 60er- und 70er-Jahre an. Fein ziselierte Jazz-Einsprengsel sorgen für eine luftleere Atmosphäre, Amidon gleitet in den meisten Fällen mit feiner Modulation an den schlichten Melodieführungen entlang, die Gitarre wird eher gestrichen denn gepickt.
Beim Titelsong zum Beispiel, welcher den Abschied in den Krieg thematisiert, wischt er mit Gitarre und Stimme höchstens die Tränen der Daheimbleibenden fort, dem folgenden „I Wish I Wish“ gönnt er eine Chet-Baker-Trompete und deren sehnsüchtige Dissonanzen. Amidon legt wie auf seinem Vorgängerwerk jedoch auch kleine Fallstricke aus. Nicht nur dass er sich nach R. Kellys „Relief“ dieses Mal an Mariah Careys „Shake It Off“ versucht, er wildert auch im eigenen Garten und setzt das plakative „My Old Friend“ des Country-Superstars Tim McGraw in neuen, intimen Kontext.
Neben den Coverversionen bewahrt sich Amidon trotz allen stilistischen Sicherheitsdenkens seinen Hang zur Detailverliebtheit. Das wird vor allem im aus dem Rahmen fallenden „As I Roved Out“ deutlich, keltisch in der Anmutung, mit Banjo und Schlagwerk sparsam instrumentiert und trotzdem mit enormem innerem Sturm und Drang vorgetragen. Gleichermaßen wohnt dem Stück aber auch immer wieder eine Art von Einsamkeit inne, die auf das ständige Beschäftigen mit sich selbst weist. In diesem Fall wird das vor allem auch durch das wie für private Augen gefilmte Video unterstützt, in einem anderen Fall dadurch deutlich, dass sich Amidon mit „Weeping Mary“ einen Sacred-Harp-Hymnus ans Ende des Albums stellt, den seine Eltern bereits Mitte der 70er-Jahre aufgenommen hatten. Ein kurzer, beschließender Blick, der das Auge auf die Befindlichkeiten des Amerikaners noch schärfer stellt und vermutlich viel weniger erklärt, als sich der Musiker selbst davon verspricht.
Nach „I See The Sign“ ist „Bright Sunny South“ kein Gegenentwurf, eher eine behutsame, vielschichtige und in seiner Ausführung nahezu grenzenbefreite Fortsetzung geworden. Ein flüchtiges, viel zu schnell vorbeiziehendes Album. Ein Album, das aber gestärkt durch die Kraft seines Protagonisten klar den Kampf mit dem Wüten der Welt aufnehmen kann.