Plattenpanorama – neue Alben im Schnellcheck


Wenn die Woche nur sieben Tage hat, kann man nicht jedes Album in aller Ausführlichkeit besprechen. Diesmal betrachten wir kurz und knapp neue Werke von Emeralds, Brian Eno, Green Day, Neil Halstead, Michael Mayer, Main Attrakionz und Rolo Tomassi.

Emeralds – Just To Feel Anything

Solo waren Emeralds zuletzt überzeugender als auf dieser ersten gemeinsamen Aufnahme nach längerer Trennung, auf dem die Nu-Tangeriner erstmalig eine Drum Machine einbinden. Auf dem Zwischenstopp zum hoffentlich bald auch im Studio realisierten Dance-Experiment bleiben ihre Stücke im einengenden Kurzformat irgendwo zwischen ambientem Soundtrack, wüstem Jam und Song hängen und versacken meist gerade dann, als es am schönsten zu werden beginnt. (Uli Eulenbruch)

Label: Editions Mego | VÖ: 05.11.2012

Brian Eno – Lux

Es war das Jahr 1975, als Brian Eno mit „Discreet Music“ den Grundstein für seine wenig später folgende Ambient-Reihe legte, nach der bekanntlich ein ganzes Genre benannt wurde. Knapp vier Dekaden später setzen die in Kunstausstellungen und Flughäfen installierten Soundkulissen auf „Lux“ just dort an: Der selbst ernannte „Non-Musician“ malt – ganz nach Enos Grundprinzip – gleichberechtigt nebeneinander schwebende Piano-Drone-Tupfer, die sich schleichend in die Perspektive mischen und die wohlig warme Landschaft verformen. Und das alles in vier Songs und 75 Minuten. (Pascal Weiß)

Label: Warp | VÖ: 09.11.2012

Green Day – ¡Dos!

Angesichts Billie Joe Armstrongs Drogenentzugs wäre „Lazy Bones“ fast ein bewegender Song zum Thema, würde er nicht auf den plumpesten „Whaoo hoo“-Refrain hinauslaufen. Wenn Rockmusik dermaßen vorhersehbar ist, muss man sie mit einer performativen Überzeugungskraft ausstatten, die Green Day längst abhanden gekommen ist. Zu schwach sind ihre Texte, zu geschniegelt ist selbst ihr „rauerer Garage-Sound“, für den es derzeit genug wahrhaft hochkarätige Vertreter gibt. Absoluter Tiefpunkt: „Nightlife“ und der schlechteste Rap(!) des Jahres. (Uli Eulenbruch)

Label: Reprise | VÖ: 09.11.2012

Neil Halstead – Palindrome Hunches

Ein neues Neil-Halstead-Album lässt heutzutage nicht unbedingt aufhorchen. Das war durchaus einmal anders, doch seit den frühen Neunzigern, in denen Slowdive die nach My Bloody Valentine vielleicht wichtigste Shoegaze-Band waren, hat sich viel getan. Neil Halstead war es irgendwann satt, seine Musik über den Sound lauter Feedbackgitarren zu indentifizieren und ließ von da an nur noch die Songs sprechen. Sein drittes Soloalbum „Palindrome Hunches” ist wie schon seine Platten mit Mojave 3 eine angenehme Prise Herbstmelancholie, von einem der sein Handwerk versteht. Zwischen viel Nick Drake und ein wenig Alternative Country lässt es sich eben wunderbar wehmütig über „Bad Drugs And Minor Chords” sinnieren. Kein Album, das die Welt verändern wird, eher eins, welches die eigene Existenz für den Moment ein wenig erträglicher macht. (Bastian Heider)

Label: Sonic Cathedral | VÖ: 09.11.2012

Main Attrakionz – Bossalinis & Fooliyones

Sie sind der entspannte Cocktail unter den HipHoppern. Nippen relaxt am Pool, während die MPC-Beats die Sonne über den Horizont kicken und grinsen dabei hämisch, weil sie genau wissen, dass diese Unaufdringlichkeit derzeit heraussticht. Während alle Welt auf großes Getöse, Angeberei und Reizüberflutung setzt, bevorzugt dieses Bay-Area-Duo fruchtige Samples und übt sich in sympathischer Zurückhaltung. Und auch, wenn sich die Texte vermehrt im Rap-Business-Style erschöpfen, ist ihnen oft eine ironische Komponente eingeschrieben, die authentisch und sympathisch wirkt. Fantastisch: „Do It For The Bay“ mit seinen sehnsüchtigen Trompeten. (Markus Wiludda)

Label: Young Odds | VÖ: 09.11.2012

Michael Mayer – Mantasy

Angesichts der Tatsache, dass Michael Mayer so etwas wie den Grandseigneur der Kölner Techno-Szene darstellt, verwundert es doch ein wenig, dass „Mantasy” gerade mal sein zweites Studioalbum ist. Die lange Wartezeit seit dem 2004er Debüt „Touch” hat sich jedoch gelohnt. Man merkt dem Album die sieben Monate Arbeitszeit an, die sich der Kompakt-Chef zwischen DJ- und Label-Tagesgeschäft freischaufelte. Auf seiner Entdeckungsreise zwischen veträumten Ambient-Luftschlössern („Baumhaus”), spacigen Italo Disco-Trips („Lamusetwa”) und funktionalen Clubrockern („Rudi Was A Punk”) verfolgt er bei aller Heterogenität eine erstaunlich konsequente Dramaturgie, die ihm sogar den Luxus erlaubt, den offensichtlichsten Hit („Good Times” mit WhoMadeWho-Sänger Jeppe Kjellberg) erst ganz zum Schluss zu bringen. „Mantasy” ist ein zeitlos popaffines und verspieltes Kleinod elektronischer Tanzmusik. (Bastian Heider)

Label: Kompakt | VÖ: 19.10.2012

Rolo Tomassi – Astraea

Die mathigen Eruptionen um die Geschwister Spence mögen zwar nicht ganz die Chaos-Komplexität des Dillinger Escape Plan erreichen, doch mit meditativem Pianospiel vor dem Orkan und Sphärensynths à la Jesu oder späten Thursday schaffen Rolo Tomassi mehr als bloß eine Kontrastierung ihres kantig-metallenen Hardcore: „Astraea” transzendiert über seinen wohlkonzipierten Verlauf „hart“- und „weich“-Grenzen in galaktischem Geklöppel mit stilistischem Weitblick. (Uli Eulenbruch)

Label: Destination Moon | VÖ: 09.11.2012

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