SteffiYours & Mine

Manche Dinge sind einfach gut, so wie sie sind. Sie brauchen maximal ab und zu eine kleine Aktualisierung, die sie wieder dem Schritt der Zeit anpasst. Die Grundgestalt aber hat sich über Jahre, gar Jahrzehnte, bewährt. Ist die perfekte Form erst einmal gefunden, muss jegliche Veränderung zwangsläufig scheitern. Das gilt vor allem im Objektdesign, wenn Form und Funktion eine Symbiose eingehen und in entschlackter Gestalt zuverlässig ihren Dienst tun. Vielleicht trifft genau dies auch auf House-Musik zu, dieser Maximierung von Funktion, dieser Minimierung von Auffälligkeiten. Bewährt seit dem Urknall in den USA, der Fokussierung in den 90ern und auch in der Zukunft kaum wegzudenken aus den Klubs, solange Beine existieren und tanzen wollen.

Mit „Yours &Mine“ legt die längst nach Berlin übergesiedelte Niederländerin Steffie Doms ihr Albumdebüt vor, das mit „Lilo“ gleich zu Beginn auf entrückende Pfade führt, von denen im Verlauf des Öfteren abgewichen wird. Samte, leicht wolkige Analog-Synthies führen mit zaghaftem Zug auf die Tanzfläche, wo Mr. Beat aus Chicago bereits den Groove verinnerlicht, der ihn trotz des beständigen Pulses zur Ruhe kommen lässt. Klickende, fast mikroskopisch minimierte Snare-Klänge und andere Details werden mit dem Eau der Nacht über die Beats gestreut, während die Bässe dumpf ihre Runden ziehen und ihren Druck erst sukzessiv erhöhen. Dennoch: Das Grundgerüst der Tracks bestimmt die Stimmung, fast alles auf diesem Album ist klassisch. „Piem“ ist in seiner kontrollierten Machart blendend aufgelegt und von innen erhellt, selbst das etwas bullige, spacige „Manic Moods“ schnurrt letztlich sanftmütig wie eine ordnungsgemäß befellte Perserkatze.

Steffi – Manic Moods

Fast alle Tracks funktionieren ohne Effekthascherei, sind selbstvergessen und scheinbar endlos. Die Entwicklung beschränkt sich meist auf Minimales, gewagte Arrangements der musikalischen Pattern darf man nicht erwartet. Nur ab und an ändern sie die Sphären und Flächen, in denen sich die neun Tracks spiegeln wie der Schall in Wolkenkratzerschluchten. Gerade aus der Zurückhaltung schöpft „Yours & Mine“ selbstzufriedene Haltung: Steffi will mit diesem Werk nichts neu erfinden. Sie begnügt sich mit der konsequenten Fortführung des Bestehenden, was dieses Album manches Mal etwas reserviert wirken lässt. Wer dieses Stück Musik hier das erste Mal in den Händen hält oder im der Panorama Bar des Berghains hört, wird vielleicht sogar nichts bemerken, das sonderlich bemerkenswert wäre. Selbst die Vocaltracks scheuen jegliches Risiko, was etwas schade ist, denn so bleibt das knatternde, mit krummbeinigen Drumsounds ausgestattete „Mine“ der einzige etwas wagemutige Track, der vom nachfolgend pumpenden „Nightspacer“ allerdings direkt wieder wirkkräftig niedergemacht wird.

Letztlich ist auch nichts zu spüren von einer besonders weiblichen Handschrift, die einige Kollegen auf „Yours & Mine“ zu entdecken glauben. Die Beats und die Produktion entbehren zuverlässig allen menschlichen Abbreviaturen und so ist es müßig über geschlechtliche Zuschreibungen diesbezüglich zu philosophieren. Housemusik ist und bleibt immer Maschinenmusik und damit, abgesehen von den zierenden Vocals, auch in höchstem Grade geschlechtslos. Wer auf „Yours And Mine“ besonders feingeistige, ergo weibliche, Handschriften zu erkennen vermag, unterwirft sich nur der eigenen Projektion auf dieses Album, das zwar formelhaft, aber durchaus kraftvoll und immer mit elegantem Chic ausgestattet ist. „Yours & Mine“ ist zeitlos, immer und immer noch aktuell.

71

Label: Ostgut Ton

Referenzen: Prosumer, Murat Tepeli, Shed, Move D, Fengler, Lawrence, Glitterbug, Onur Ozer

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VÖ: 04.02.2011

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