FarAt Night We Live

Far sind als Randnotiz groß geworden. Erst posthum schien man die Band um Jonah Matranga so richtig wahrzunehmen. Mit zwei Beinahe-Meisterwerken namens „Tin Cans With Strings To You“ und „Water & Solutions“ aus der Mitte der Neunziger und enger Verknüpfung zu dem, was man heutzutage nicht mehr Emo nennt, sind sie nun doch präsent, in den Büchern der Musikgeschichte. Da wären wir auch schon beim richtigen Stichwort, denn Geschichte ist, was einmal war. Far hingegen sind nun wieder.

Sehr viele Neben- bzw. Soloprojekte später, mit einigen Überhits (#1 Defender, Hostage, Better Than This) und einigen weniger gehaltvollen Ausflügen (Onelinedrawing, Gratitude) ist Jonah Matranga wieder dort angekommen, wo alles begonnen hat. Zunächst als Spaßprojekt namens „Hot Little Pony“ getarnt, gaben Far im März 2009 offiziell ihre Reunion bekannt. Ein gutes Jahr später steht nun nach grob umrissenen 4300 Tagen der Nachfolger von „Water & Solutions“ in den Regalen. Selbstverständlich sind diese zwölf Jahre an Matranga nicht ohne Einfluss auf sein künstlerisches Treiben im Hier und Jetzt vorbeigezogen: „At Night We Live“ ist eher bunte Mischung denn durchdachte Einheitlichkeit. Es ist der Versuch, das aufzubrechen was Far einmal waren und durch das zu erweitern, was Far bislang nicht waren.

Ob man letzteres überhaupt möchte, darf natürlich jeder selbst entscheiden und so zeigt „At Night We Live“ sowohl das Für, als auch das Wider auf. Zunächst fällt die auf Hochglanz getrimmte Produktion auf, die den Songs eine gewisse Glätte einverleibt und jene geradliniger erscheinen lässt als sie eh schon sind. Das Gespür Rohheit mit Atmosphäre und einer unvergleichlichen Melodie zu vereinen, ist leider größtenteils verloren gegangen. Doch lässt man die Vergangenheit dort, wo sie herkommt und blendet den Bandnamen aus, findet man – wie auf fast jeder Veröffentlichung an der Matranga beteiligt ist – ein paar magische Momente wie den makellosen Titeltrack, bei welchem seine Stimme wieder einmal Trumpf ist und den Song zu einer großen Hymne macht. Auch das auf dem weißen Pony heranreitende „When I could see“ oder der ausufernde Schlusssong „The Ghost That Kept On Haunting“ fallen auf, im sonst eher weniger spannenden, zwischen Jimmy Eat World und Konsorten feststeckenden Rest des Albums. Gänzlich gescheitert ist das Projekt Far 2010 zwar nicht wirklich, man hat aber ein wenig an Profil verloren – die Marke Far könnte zu bröckeln beginnen.

59

Label: Arctic Rodeo Recordings

Referenzen: Jimmy Eat World, New End Original, Onelinedrawing, Gratitude, Saosin, Deftones

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VÖ: 28.05.2010

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