The Leisure SocietySleeper (Special Edition)
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Referenzen:
The Left Banke, Broadcast 2000, The Gentle Waves, The Divine Comedy, Local Natives
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Autor: |
Lennart Thiem |
Das Tageslicht ist ein scheuer Gast, nicht die Sonne, der Wind lässt uns die Augen zusammenkneifen und das, was Dir das Gesicht herunterläuft, ist kein Schweiß, sondern Regen. Zeit also, die grauen Straßenzüge zu fliehen und sich ins Immergleiche zu begeben, in die eigenen vier Wände, wo auf den oder die geneigte PopfreundIn die verlässlichste Quelle der Freude wartet: geschmackvolle Musik. Zum Beispiel The Leisure Society mit einem Re-Release, der Sinn macht.
„Sleeper“, das Debütalbum der Band aus England, erschien erstmalig Anfang Juni 2009, zu einer denkbar ungünstigen Zeit für Musik also, die den Eskapismus im Kleinen fördert. Denn The Leisure Society legen uns durch ihre Songs die zurückhaltend-wohlwollende Betrachtung all des Treibens ringsherum ans Herz und unterstützen durch ihre feingliedrigen Melodien eine Art von Melancholie, die erst durch Zuneigung zu einem Großen und Ganzen, dem man zuweilen ratlos gegenübersteht, entsteht. Sie befördern die Flucht vor Offensichtlichkeiten in einer Art und Weise, die nicht sommerkompatibel ist, denn der Exzess verträgt sich selten mit leisen Tönen, und wenn doch, so liegt irgendetwas im Argen.
Doch damit haben die auf dem ursprünglichen Album enthaltenen elf Stücke nichts zu tun, sie sind nicht dazu angetan, die Selbstzerfleischung zu fördern. Das hier ist Musik für GenießerInnen, die die Abwesenheit von Aufregung zu schätzen wissen und es keiner Band übelnehmen, wenn sie am Songwriting der 60er geschult vor keiner noch so gefälligen Melodie zurückschreckt. So ähnelt dann das Album auch einem Buch, in dem nichts Außergewöhnliches passiert, dessen Sprache und Grammatik jedoch durch Gewähltheit Zuspruch findet. Um hier unterhalten zu werden, muss man in der Lage sein, sich selbst durch das Verfolgen von Streicher- und Bläserstimmen zu beschäftigen, die meist nur subtile Reize bieten. Der Blick ins Booklet bietet diesbezüglich einige Überraschungen, neben zahlreichen Varianten von Gitarren und Streichern fanden diverse Tasteninstrumente Einsatz, die Zahl der benutzten Instrumente beläuft sich auf insgesamt ca. 25. Andere Bands machen da mit kleinerem Instrumentarium bedeutend mehr Lärm, benutzen aber auch modernere Effekten und Sounds sowie bedeutend krassere Lautstärkeschwankungen, Klangfarben und Rhythmen als die Londoner.
Man sollte also einer leicht konservativen Haltung in Sachen Pop nicht ablehnend gegenüberstehen, um das Album über die gesamte Spielzeit hinweg genießen zu können. Auch die Hits ,, „A Short Weekend Begins With Longing“ und „Save It For Soneone Who Cares“ gehören nämlich nach über fünfzig Jahren Popmusik zu den Dingen, die LiebhaberInnen stets jugendlich erscheinen werden, anderen jedoch recht antiquiert vorkommen können. Gewissermaßen erfüllen The Leisure Society eine Art Bildungsauftrag in Sachen Popmusik, und vielleicht hilft bei der Umsetzung dessen ja die dem Rerelease des Albums beigefügte „A Product Of Ego Drain“ – EP, die mit B-Seiten, Demos und einer Singleversion eine interessante Ergänzung darstellt.
Label: PIAS
Referenzen: The Left Banke, Broadcast 2000, The Gentle Waves, The Divine Comedy, Local Natives
VÖ: 16.10.2009