HannuHintergarten

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Hannu lichtet den Anker und macht sich auf den Weg. Durch die Schären vor Helsinki, wo der Dunst des frühen Morgens die beschaulichen Wellen versteckt, die selbst bei Windstille mit ihren Schwingungen die steinernen Anlandungen mit Meereswasser benetzen. Später an Land setzt er seine Reise über sanfte Hügel und per Heißluftballon fort, durchquert mit unbeugsamem Gehölz besetztes Terrain, das mit knorrigem Geäst den Weg beschwerlicher macht. Und überall zieht Nebel herauf , so dass man gar nicht so genau weiß, ob die Landschaft nun Schwingung geworden oder die Schwingung gar Landschaft geworden ist. Alles zerfließt in akustische Blenden, nimmt gemächlich Fahrt auf und schleicht mal tastend, mal knirschend und knispernd durch den Raum. Durch die Welt.

Die Musik von Hannu ist regennass, aber dennoch nicht beschwerend. Die immerwährend instrumentale Musik wartet förmlich darauf, einem anderen Ton zu begegnen. Und es schauen derer viele vorbei: Knabbernde Akustikgitarren, die sich mit Glockenspielen in die Geheimnisgruben krämern, bei „Theme For Grant“ asiatische Instrumente, die von einem sanften Hauch digitaler Gischt umgarnt werden. Die Dichte an Ideen, Atmosphären und Details generiert eine Flut an Assoziationen und Stimmungen, die die Geisteskraft des Hörers beflügeln und seine eigene Kopfreise starten lassen.

Das liegt vor allem auch in der gefühlten Nähe der Klänge, die nicht wie bei Ambient oft üblich vor allem auf Distanz und Ferne setzen. Hier kommt man sich nicht in Weitläufigkeit verloren vor, weil die Blenden und Effekte sich ihren sozialen Charakter, ihre organische Idee bewahrt haben. Der Opener „Pop“ verbindet beispielsweise in Reinform pluckernde Elektronik mit digital generierter Klassik. Die Geigenmelodie bleibt Fragment und ist doch herrlich präzise und vielschichtig in ihrem Ausdruck, schaukelt sich zu beängstigen Kaskaden auf, bevor der markerschütternde Schrei von den Schwingungen und Wellen der heranrauschenden Atmosphäre überlagert wird, die Hannu immer dann gerne ins Spiel bringt, wenn „Hintergarten“ droht, auffällig zu werden.

Denn wie es sich für ein Homerecording-Album gehört, das sich als Entschleuniger versteht, ist es ein Moment der Kontemplation, das hier angestrebt wird. Mit Abstraktionen und zerfließenden Klangmodulationen, denen immer unverfälschte Klänge analogem Ursprungs entgegengestellt werden. Nicht immer schafft es Hannu dabei, die Klippen der Esoterik zu umschiffen, wie die Konzertgitarrenklänge bei „Lauttasaari“ bezeugen. Über weite Strecken aber sind die dichten Soundscapes eine Wonne für die Gehörgänge. Fordern ihre Aufmerksamkeit ein, entführen in Natur und Kosmos und bieten stimmungsvolle Höhepunkte. Das Zweitwerk hat die richtige Balance gefunden zwischen Struktur und Fluss, zwischen Wissen und Intuition, zwischen Erinnerung und Hoffnung, zwischen Kultur und Natur, zwischen Licht und verdunkelndem Nebelschein.

6.7 / 10

Label: Kesh

Referenzen: Jacaszek, Svarte Greiner, Gentleman Losers, Jasper TX, Marsen Jules

Links: MySpace, Kesh Records

VÖ: 24.04.2009

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