Für viele Europäer ist Australien wie selbstverständlich einer der Sehnsuchtsorte überhaupt. Flora und Fauna sind in der Tat bestens bekannt und auch die Geographie des Fünften Kontinents dürfte geläufig sein. Im politischen Diskurs jedoch findet Australien hierzulande so gut wie gar nicht statt, so gesehen liegt es wirklich am Ende der Welt. Eine kurze Nachricht, wenn mal wieder der Premier ausgetauscht wird oder jemand vom britischen Königshaus zu Besuch ist, das ist alles.

Um The Drones und ihr Schaffen in Gänze zu verstehen, muss man dagegen die politische Situation in ihrem Heimatland betrachten. Das Unverständnis für die dortigen Entscheidungsträger steigerte sich quasi mit jedem ihrer Alben, genussvoll wie sonst niemand legten sie den moralischen Bankrott bar – ganz ohne übertriebenen Zynismus, jederzeit mit einer bodenlosen Freude an der Musik.

Auf „Feelin Kinda Free“ erreicht das Melbourner Quintett abermals eine Zwischenstation bei der Reise in den Abgrund. Bedrohlich türmt sich das eröffnende „Private Execution“ über sieben Minuten auf, klaustrophobisch lässt es Sänger Gareth Liddiard keine Luft zum Atmen. Spätestens zum Mittelpunkt erwartet man noch einen Gefühlsausbruch, doch dieser verläuft sich irgendwo im noisigen Hinterland. Damit ist zugleich die Blaupause für eine Vielzahl der folgenden Songs gebildet, die zwar reduziert angelegt sind, aber insgesamt gesehen eine fast schon berauschende Vielfalt bereithalten. Das geht von den affirmativen Beats in „Tailwind“ (mit einem zarten Twin-Peaks-Intro) über das dank Fiona Kitschins fatalistischem Gesang ganz dunkle Kabarett in „Sometimes“ bis hin zum hoffnungslos traurigen „To Think That I Once Loved You“, in dem sich Kitschin und Liddiard so perfekt ergänzen, dass man ihnen auch gerne mal ein „Where The Wild Roses Grow“ vorlegen möchte. Überhaupt ist es vorwiegend Resignation, auf die die Songs trotz unterschiedlichster Ansätze immer wieder gemeinsam aufbauen.

Für Wut und Trotz bleibt nur noch wenig Platz, aber wenn sie einmal herausbrechen, dann bleibt wie gewohnt kein Stein auf dem anderen. „Taman Shud“ ist ein heiterer Protestsong im Stile der mittleren The Clash, in der die ältere und jüngere Geschichte Australiens gleichsam in einem Rutsch abgearbeitet wird. Im aufbrausenden „Boredom“, das sich der australischen Flüchtlingspolitik widmet, wechselt Liddiard endgültig zum Sprechgesang. Sein Anliegen ist ihm so dringlich, dass er ausschmückende Intonation hier für überflüssig hält, energisch nach vorne drückend und tanzbar scheint es ein allerletzter Einsatz für eine bessere Welt zu sein.

Wenn Liddiard die politisch Linken auffordert, wieder mehr Selbstbewusstsein zu zeigen, spiegelt sich das also nur noch teilweise in der Musik seiner Drones wider. Eher zeichnet „Feelin Kinda Free“ eine bittere Dystopie, in der vieles schon verloren ist. Einzig an der Freiheit kann man sich noch festhalten. Gar keine so schlechte Aussicht, wenn man sieht, was The Drones daraus gemacht haben.

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