KiasmosSwept EP

Mit dem selbstbetitelten Debütalbum legten Janus Rasmussen und Ólafur Arnalds mit ihrem Projekt Kiasmos 2014 den persönlichen Grundstein einer Verbindung aus Klassik und Elektronik. Sie verbinden Arnalds‘ eher klassische Kompositionen mit einem Hauch elektronischer Sounds aus Rasmussens schwermütigem Electro-Pop-Hintergrund zu einer minimalistischen, technoiden Form, in der beide Einflüsse mal mehr, mal weniger erkennbar sind. Noch nicht am Ende des Projektes angelangt, folgt auf das Album „Swept“ – eine kleine, aber feinfühlige EP.

In jeglicher Hinsicht beweisen beide Musiker ein Gespür für Stil und atmosphärischen Sound. Es scheint ihnen aber nicht wichtig zu sein, wie die beiden Einflüsse gleichwertig in ihrer Fusion eingebracht werden: mal etwas klassischer, mal etwas elektronischer. Gerade die Unbestimmtheit macht die besondere Essenz aus, diese Musik muss als Ganzes betrachtet werden – eine fließende Symbiose, die weder hektisch noch unausgeglichen wirkt.

Musikalisch schließt „Swept“ nahtlos an Kiasmos‘ Debüt an. Etwas anderes würde auch einen Bruch mit ihrem besonderen Sound bedeuten und dann wären Kiasmos wahrscheinlich nicht mehr das Projekt, das beide anfänglich gestartet haben. Beim Hören stellt sich ein Eindruck von Rastlosigkeit, ständigem In-Bewegung-Sein ein. Wenn Musik mit Gefühlen in Verbindung gebracht wird, so hier auf eine sehr subtile Weise: Das Bild einer Zugfahrt – ein konstantes Bewegtbild, in dem eine Landschaft gleichmäßig in einem gewissen Tempo an einem vorbeizieht. Es sind viele Bilder, aber etwas Konkretes kann man dabei nicht fokussieren. Kiasmos bringen ihre Musik in einer fast schon spärlichen Form zum Schwingen und Treiben, die sich aber nie in etwas Konkretem verliert („Drawn“). Die musikalische Ausgeglichenheit ordnet jede Konkretheit unter, indem das Ganze eine unaussprechliche Wirkung besitzt.

Wie jeder Song auf der EP besitzt „Gaunt“ ein bewusst eingesetztes Crescendo, das sich über den kompletten Song vollstreckt und eine musikalische Waage einhält. Auch hier wird die Einbettung des Klaviers von der klanglichen Atmosphäre konsequent weitergeführt. Das Klavier, das keine großen Melodien oder Läufe spielt, sondern eher als Harmoniebrett und Klangteppich verstanden werden muss, dient dadurch immer wie ein Fundament – ein Kontrapunkt. Auch wenn die Synthies in diesem Track das Klavier ein wenig verdecken, tut es der Stimmung keinen Abbruch. Es muss ja nicht immer alles klar voneinander zu trennen sein.

Der (fast) finale Track „Swept“ reiht sich abschließend an diese Klangästhetik an, hebt das Klavier aber nochmal besser hervor, was der EP etwas mehr Abwechslung gibt. Nach diesen drei Songs befinden wir uns unverhofft schon fast am Ende – der Remix von „Swept“ des Duos Tale Of Us kann die Zugfahrt noch etwas hinauszögern. Vielleicht rückt gerade dadurch die elektronische Vorliebe beider Musiker einen Deut zu sehr in den Vordergrund, was aber nicht unbedingt negativ verstanden werden muss. Schließlich ist Kiasmos ein gemeinsames Projekt, das die tiefe emotionale und liebevolle Hingabe zweier Musiker zur elektronischen Musik einerseits und viel mehr darüber hinaus andererseits sichtbar macht.

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