Tony Molina: In der Kürze

Ein Album. Zwölf Stücke. Elf Minuten, achtzehn Sekunden Gesamtspielzeit, exakt sechsundfünfzigeinhalb Sekunden im Durchschnitt dauert ein Stück. Was mag dies für Musik sein – ambiente Sound-Experimente? Beat-Miniaturen? Rabiat komprimiertes Grindcore-Geklöppel?

Auch wenn letztere Vermutung nicht ganz unangebracht ist, handelt es sich bei „Dissed And Dismissed“ eigentlich nur um ganz normalen Indierock. Tony Molinas Solodebüt ist ein kleines Meisterstück an Songwriting-Ökonomie: Es zeigt, dass ein guter Song nicht unbedingt mehrere Strophen, einen Refrain, In- oder Outros braucht. Öfter legen alle Instrumente auf der Eins-Zählzeit los, als dass mehr als ein wenig Saitenfiepen angespielt würde. Das liegt sicher auch daran, dass Molina Gitarre, Bass und Schlagzeug im Alleingang separat eingespielt hat, setzt aber vor allem seine eingängige Rifffreudigkeit unverkompliziert ins Zentrum des Hörgeschehens.

Kaum überraschend, dass sich Molina mit dem „Wondering Boy Poet“-Cover als Fan von Bob Pollard outet, sein Faible für knackige Songlänge lässt sich aber gleichsam auf seine Hardcoreband Caged Animal zurückführen – zwischen Pop- und Punkformat wird bei Molina kein großer Unterschied deutlich. Näher als an Guided By Voices sind seine körnig bis lebendig gniedelbratzenden Gitarrenklänge an Dinosaur Jr. oder Weezer, sowohl durch den durchdringenden Basskörper als auch seine besondere Vorliebe für ein eher verschmähtes Element der modernen Rockmusik: das Solo. Wo es als Krönung eines langen Songs als Exzess wahrgenommen werden könnte, wird es in der hier ausgestellten Kürze essentiell.

„See Me Through“ oder das eröffnende „Nowhere To Go“ sind die besten Songs, die Rivers Cuomo seit Ewigkeiten schon nicht mehr schreibt, und das mit nur 40 Sekunden Länge. Über körnigem Saitenrattern intoniert Molina seine Gefühle sozialer Entfremdung und Deplatziertheit, als ein heller Ton einen Umschwung ankündigt, das Schlagzeugbecken losfetzt und Molinas Finger über die glammige Tonleiter klettern, dass es die reine Freude ist – und Schluss.

„Dissed And Dismissed“ ist über Bandcamp erhältlich.

Ein Kommentar zu “Tony Molina: In der Kürze”

  1. Wird nächste Woche auf Slumberland wiederveröffentlicht, vielleicht funktionieren dann auch die Embeds hier wieder. Bis dahin hier zu hören (in aller Kürze): http://pitchfork.com/advance/375-dissed-and-dismissed/

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