Xinlisupreme: Viva Reizüberflutung!


„Noise-Pop“ ist eigentlich ein Oxymoron. Doch das Aufregende an einer Vermengung der Extreme, wie sie der Japaner Xinlisupreme betreibt, ist eben die polar entgegengesetzte Wirkung der Kräfte: Süße Harmonien ziehen an, harsche Klänge schrecken ab – oder vielleicht auch umgekehrt, wenn man anti-Pop und pro-Noise ist.

Auf seiner „4 Bombs“-EP ist Xinlisupreme dabei in jeder Hinsicht kompromisslos: Jenseits aller Rotmarkierungen übersteuert „Seaside Voice Guitar BC“ Gitarrenschichten, Synths, Drums, Gesang und unidentifizierbare Geräuschquellen ebenso lautstark wie wild kaskadierendes Plinkerpiano und Kilotonnen elektronischen Glitters, die ununterbrochen von oben herabregnen. In unvorstellbarer Dichte kollidieren Tonfrequenzen miteinander, immer mal wieder wird der Beat von einem gleichzeitig auftretenden Sound gefressen, so dass man den regulierenden Puls des Songs erst einmal im Chaos wiederfinden muss.

Doch liegt inmitten all dessen eine nicht nur eine eingängige Struktur, sondern auch ein überaus romantisches Sentiment, beides zusammen könnte ebensogut als minimal reduzierter Song für sich stehen. Anderswo geht Xinlisupreme konventionellere Wege, „I Am A New Christ“ begleitet frühe Depeche Mode auf einem Höllentrip während „Zouave’s Blue“ als flotter Industrial-Rock bis aufs kakophone Finale nicht unendlich weit von Coaltar Of The Deepers oder A Place To Bury Strangers entfernt ist.

Herrlich deliriös gerät jedoch gleich der Einstieg in „Soprano Meditation“, unter schwankenden Lautstärkeleveln und Feedbackgewittern gerät das Ohr ins Taumeln beim Versuch, klare Konturen zu erkennen. Ein sanfter Breakdown lässt einmal mehr die Frage aufkommen, welche schon die Post-Noise-Entwicklung der letzten Jahre verfolgte: Wird hier New-Age-Sanftheit in Noise-Radikalität transformiert oder umgekehrt? Xinlisupreme steuert aber unter stetiger Intensitätssteigerung auf einen metallenen Cyberpunk-Rave hinaus und geht mit dem in die Vollen, was Pop und Noise eint: eine direkte Reizung der Sinne.

„4 Bombs“ ist auf Virgin Babylon erschienen.

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