„Die altertümlichen Solfeggio-Frequenzen sind Teil eines Prozesses, der uns beim Schaffen eines möglichen Lebens ohne Stress und Krankheit unterstützen kann.“ So beschreibt ein Herr D. D. David Hulse, nicht als einziger in Esoterikerkreisen, die angebliche Wunderheilwirkung von Stimmgabeln mit diesen Tonfrequenzen. Frequenzen, welche die Gruppe Trailer Trash Tracys kurioserweise in ihre eigene Musik übernommen haben will.

Weniger abenteuerlich ist allerdings, nach verheißungsvoll spacerockendem Intro, der erste Song ihres Debütalbums. Mit seinem trägen Mitt-1900er-Pop in hallgetränkten Instrumenten und Gesang ist „You Wish You Were Red“ kaum von Dum Dum Girls & Co. zu unterscheiden. Einen allzu exotischen Sound sollte man sich von Solfeggio-Frequenzen ohnehin nicht versprechen, erweist sich doch der Unterschied zu gebräuchlichen Tonstimmungen als eine geringe Erhöhung, welche die meisten Popmelodien unbeschadet überstehen – ohne irgend eine fühlbar neue Qualität hinzuzugewinnen, außer vielleicht, dass sie etwas laffer werden.

„Black Circle“ und „Dies In 55“ klingen im Folgenden, als habe wer die Raveonettes mit einem xx-Käsestecher ausgehöhlt, „Engelhardt’s Arizona“ wie eine Bizarro-Blechversion von Beach Houses „Norway“ – grob lokalisiert, bewegt sich „Ester“ leicht psychedelisch durchs C86- und Dreampop-Land. Interessanter als ihre Tonfrequenzen sind die Leerräume der zur Abwechslung mal nicht völlig klangverschmierten Songs, oft so weitgespannt, als könne man mit der Hand durch sie hindurchgleiten ohne einen Ton zu treffen. Vor allem Bass und die zurückgehaltenen Drums rhythmisieren gerne mal fernab vom Rest der Band, tönen wie in „Starlatine“ schwach aus einer tiefen Höhle hervor. Umso effektiver treten dafür perkussive Akzentuierungen wie die Steel Drum in „Dies In 55“ oder der Hölzchenschlag in „Engelhardt’s Arizona“ weit im Vordergrund auf, sie unterstreichen nur noch die disorientierende Wirkung der Songs.

Doch obwohl Sängerin Suzanne Aztoria selbst in ihren apathischeren Momenten mehr Ausdrucksstärke als viele andere Echolotinnen besitzt: Auch sie kann nicht verhindern, dass „Ester“ mit all seinen Effekten und Leere mitunter frustrierend unzusammenhängend dahindümpelt. So richtig nimmt es in der zweiten Hälfte Fahrt auf, wo Aztoria in „Candy Girl“ umherpeitschenden Snares und der ausnahmsweise mal fühlbaren Kick Drum ausweichen muss, während die Saiteninstrumente ihre Akkorde behutsam zerlegen. Im folgenden „Strangling Good Guys“ wächst die zuvor separiert wirkende Band vollends zusammen, zugleich intensiviert sich ihr Lynchscher (Film, nicht Musik) Surrealsog noch und auf dem finalen „Turkish Heights“ lassen die Trailer Trash Tracys so richtig ihren 80er Badalamenti-Bass raushängen. Da ist es dann auch egal, wenn trotz einem Hauch von spirituellem Fremdton, den die shoegazigen Klangwölkchen verströmen, keine wundersame Heilwirkung eintritt.

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Label: Domino

Referenzen: The Raveonettes, The xx, Cocteau Twins, Angelo Badalamenti, Beach House

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VÖ: 13.01.2012

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