ModeselektorMonkeytown

Reicht das stilistische Spektrum weit, so ist es – will man kein Purist sein, der auf einem Genre pocht oder gar, noch schlimmer, einer, der stilistische Vielfalt per se und prinzipiell bejaht – eine Frage persönlicher Präferenzen, wie sich die Extreme in den Fluss eines Albums einfügen und wie damit umgegangen wird. Wir sind keine gläsernen und erst recht keine leer gewischten Musikhörer und werden primär von den Songs und Sounds angesprochen, für die wir ein Ohr haben. So tautologisch und doof das auch klingen mag.

Der musikalisch rote Faden in etwa: „Monkeytown“ ist das dritte Album des Berliner Produzentenduos Modeselektor, bestehend aus Gernot Bronsert und Sebastian Szary. Es wird veröffentlicht auf dem gleichnamigen Label, ebenfalls betrieben von den beiden, und wurde innerhalb von zehn Wochen im eigenen Studio aufgenommen. Die Produktion trieb sie laut eigener Aussage fast in den Wahnsinn.

Schwer ist die Einordnung von „Monkeytown“ und da das weder in einem Satz noch in einem Wort (der alberne Spielplatz der Genreschubladen) möglich und sinnvoll ist, so hangeln wir uns, eingebettet in einem nichtsdestotrotz elektronischen Kontext, von Track zu Track samt richtungsweisenden Kollaborationen. Angefangen mit Modeselektor-Fan Thom Yorke, der „Shipwreck“ und „This“ singt und prägt, so dass man glaubt, seinem Solowerk oder einer Radiohead-B-Seite zu lauschen (und wer die Qualität radioheadscher B-Seiten kennt, der weiß, was für ein Kompliment das ist). Es gibt zwei Hip-Hop-Tracks, das wabernd schräge „Humanized“ feat. Antipop Consortium und den spöttischen Jet-Set-Kommentar „Pretentious Friends“ feat. Busdriver, in dessen Mitte ein herrlich absurdes Telefonat zu amüsieren versteht. „Blue Clouds“ und „German Clap“ sind repetitiver Instrumental-Techno, spannungsarm und langweilig genug, um Details zu pflegen und Sogwirkung zu entfalten, „Evil Twin“ feat. Otto von Schirach dagegen ballert wie blöde und nervt gewaltig. Dass ein Song mit der nicht eben enorm kredibilen Miss Platnum, der sich zudem mit dem nicht eben enorm abseitigen Thema Berlin beschäftigt und auch noch so heißt, trotzdem gefällt, mag überraschen, ist aber der nicht eben tiefgründigen Hittauglichkeit des Songs und des trotz allem coolen Textes („Foot, foot, foot, I’m runnin’“) geschuldet. In den Charts würde „Berlin“ jedenfalls keine schlechte Figur abgeben. Der Rest ist sophisticated Elektronik, mal melancholisch („Green Light Go“ feat. PVT), mal um ein Sample herum schwebend („War City“ feat. Apparat).

Das stilistische Spektrum, von dem wir zu Anfang so nebulös gesprochen haben, entpuppt sich also als qualitativer Drahtseilakt, dem es immerhin gelingt, persönliche Genrefestschreibungen zu sprengen (Ich rede von mir und Hip Hop … und, nicht zu vergessen: Ich und Miss Platnum.) und gleichzeitig persönliche Aversionen zu bestärken (Ich und Bumm-Bumm-Techno) – wir alle sind Esel und repräsentieren nichts. Bzw.: Viel Vielfalt und feine Beats, ein Album für den Abend, unstet, unentschlossen, ausufernd.

67

Label: Monkeytown

Referenzen: Thom Yorke, DJ Koze, Mouse On Mars, Justice, Four Tet

Links: Homepage | Facebook

VÖ: 30.09.2011

Ein Kommentar zu “Modeselektor – Monkeytown”

  1. Lennart sagt:

    Thom Yorke und Miss Platnum auf einem Album… das hast Du Dir doch ausgedacht!

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