Asobi Seksu - FluorescenceAsobi Seksu wurden nicht nur eine Zeit lang als lauteste Band New Yorks gehandelt, sondern schufen mit „Citrus“ auch eines der schönsten Shoegaze/Dreampop-Alben der letzten Jahre. Warum der Nachfolger „Hush“ dagegen abfiel, war nicht ganz klar: Lag die Ursache darin, dass die berauschenden Gitarrenwände hier einem synthlastigeren, weniger rockigen Klang gewichen waren, der in seiner Glöckchenverhangenheit aber immerhin höchst weihnachtskompatibel war? Oder waren einfach nur die Songs schwächer als zuvor – schließlich wird gerade Shoegaze-Bands von Anbeginn der Genremünzung böse nachgeredet, mangelhaftes Songwriting mit eindrucksvollen Soundeffekten kaschieren zu wollen.

Das neue Werk „Fluorescence“ gibt nun beste Gelegenheit zum Vergleich, denn wie die feine Single „Trails“ es schon andeutete: Die Effektpedale sind ausgemottet und aufgedreht worden, Yuki Chikudates twee-süße Gesänge sind in hallende Shoegaze-Schichten eingebettet, ohne die das das schlanke Lament „My Baby“ glatt wie ein Überbleibsel vom Vorgängerwerk „Fluorescence“ wirkt – bis der Song unter beschäftigtem Drumming steil anzieht und in einem druckvollen Verzerrerfest gipfelt. Synthesizer verleiht besonders der zweiten Albumhälfte, z.B. „Deep Weird Sleep“ oder „Ocean“ einen eleganten Glanz, gegen den allerdings die dünnen, wankelmütigen Stimmen von Chikudate und Gitarrist James Hanna umso unangenehmer auffallen. Merkwürdig, schließlich war dies in der Vergangenheit weniger stark bemerkbar, aber selbst wenn – was auf „Citrus“ deutlich öfter geschah – mehrere Gesangsspuren im Studio zusammengefügt wurden wirkt der Gesang schon wackelig bevor es in schwierigere Falsetthöhen geht.

Dass „Fluorescence“ über die gesamte Spielzeit nicht so recht überzeugen mag rührt aber vor allem daher, dass es bei Asobi Seksu nicht bloß ums Klangkleid geht. Die Stärke von „Citrus“ waren eben im Kern eingängige, klar strukturierte Popsongs deren Schönheit durch wuchtige Dynamiken und dichte Texturen nur noch intensiviert wurde. Auch die prachtvollste Klangwand kann es nicht ändern, dass die meisten Songs diesmal nur „nett“ ausgefallen sind.

Label: Polyvinyl

Referenzen: A Sunny Day In Glasgow, Ulrich Schnauss, Blonde Redhead, Slowdive, The Pains Of Being Pure At Heart

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VÖ: 18.02.2011

The Joy Formidable - The Big RoarAuch The Joy Formidable lässt sich volumenmäßig nicht lumpen, auf seinem ersten Album „The Big Roar“ macht die Waliser Band von Beginn an genug Lärm für zwei. Erhaben schwingt sich noch „The Everchanging Spectrum Of A Lie“ empor, bevor es mit dem grungigen „The Magnifying Glass“ und dem dauerfeuerbetrommelten „I Don’t Want To See You Like This“ richtig ans Eingemachte geht. Als wäre flott aufgespielter Rock mit gelegentlichen rhythmischen Kanten noch nicht genug, wird jeder Schlag in vier und sechs Saiten zu einer massiven Wand aus Hall und Verzerrung hochgesteuert in die sich obendrein noch gleißende Synthwellen ergießen.

Einige der besten Songs mögen Fans der seit zwei Jahren scheinbar unablässig tourenden Band bereits von der 2009er EP „A Balloon Called Moaning“ bekannt sein, wurden hier aber nochmal aufgemischt und bilden gleichmäßig verteilt das Rückgrat der Trackanordnung. Das elektrisierte „Cradle“ mit süßen Falsett-“Oohs“ des stämmigen Bassisten Rhydian Dafydd rauscht so kraftvoll wie eingängig vorbei, die starke, belebte Stimme von Gitarristin Ritzy Bryan singt auf dem mit seiner sprunghaften Bassmelodie an die Breeders erinnernden „Austere“ ebenso mühelos gegen die von den Instrumenten entfesselten Orkane an wie im Breitband-Finale „The Greatest Light Is The Greatest Shade“.

„Whirring“ lässt mit seinem Doublebass-Gewitter gar nicht erst den Gedanken daran aufkommen, es hier mit sensibel-verträumten Slowdive-Epigonen oder gar den wandelnden Pomaden Glasvegas zu tun zu haben, im Anschluss daran sackt „The Big Roar“ allerdings etwas ab. Besonders im überdehnten 5-Minüter „Buoy“ macht sich die Dauerbelastung des voluminösen Sounds negativ bemerkbar, was live eine lustvolle Ganzkörpererfahrung ist und besonders durch den Anblick Bryans im Vergleich zu ihrem gigantisch wirkenden Effektebretts auch ausgedehnte Lärmorgien unterhaltsam gestaltet, wirkt hier unnötig anstrengend. Wenigstens „Llaw = Wall“ gleitet mäßig packend, aber entspannt voran, doch als hätten The Joy Formidable panische Angst for andauernder Ruhe wird auch hier alsbald der wuchtige Ausbruch praktiziert, egal wie forciert und non sequitur er wirkt.

Doch auch wenn diese Lust am Noise mitunter über maßvolle Popinstinkte siegt, wenn The Joy Formidable die entsprechend großen Melodien auffahren ist „The Big Roar“ berauschender Maximalismus-Rock der seinem Titel aufs Schönste gerecht wird.

Label: Rykodisc

Referenzen: The Breeders, Blood Red Shoes, HEALTH, Sky Larkin, Sonic Youth

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VÖ: 25.02.2011

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