Helle Köpfe mit sinistren Ideen hatten schon vor wenigen Jahren einen Trend ausgemacht, der sich allzu eindeutig ankündigte, wenn man denn nur die Zeichen richtig deutete. Das heißt, wenn man nur die richtigen Seiten anklickte. Bands bewähren sich nicht mehr bloß mit Alben auf dem Plattenmarkt und in der Fachpresse, sondern in Blogs, mit Tracks, die von möglichst vielen prominenten und unprominenten Namen in Remixen neu aufgelegt und ausgelegt werden. Jeder Remix wie eine Unterschrift für die Petition, die die Qualität des Ursprungskünstlers propagiert. Für eine Band wie die Crystal Fighters, welche schon in ihrer amerikanisch-katalanisch-britischen Zusammensetzung ein musikalisches Hybrid beschreiben, wirft diese Entwicklung aber auch die Frage nach dem wahren Sound der Gruppe auf.

Bekanntere Blog-Aggregatoren spuckten schon Monate vor Erscheinen von „Star Of Love“ einen ganzen Schwall an Remixen aus, auch begünstigt durch die in Einzeltracks immer wieder wegweisende „Kitsuné Maison“-Compilation. Doch auch durch einen offenen Umgang der Band mit eigenem Material, bei dem in Zeiten der Verkaufsarmut aus der Not eine Tugend wird. Bedeutet die Veröffentlichung des Debütalbums für die Crystal Fighters deshalb vielleicht auch weniger eine Bewährungsprobe als schlicht das kompletteste Paket wunderbar zu remixender Songs einer irgendwie noch unsichtbaren Gruppe? Ein interessanter Gedanke, in dem von Alben bis auf die Songreihenfolge wenig Neues zu berichten ist, bestenfalls jedoch die Funktionsweisen bereits zum größten Teil bekannter und bewährter Einzelsongs im weiteren Kontext neu zu definieren sind.

So wäre man als Neuhörer, der von all den kursierenden Remixen nur am Rande etwas vernommen hat, also in der vermeintlich luxuriösesten Position. Denn „Star Of Love“ funktioniert als Album ohne Hintergrund nicht nur „auch“, sondern durchweg gut. Dass „Xtatic Truth“, das von weißem Sandstrand bis Großstadt-Szeneclub eine gar nicht greifbare Entwicklung nimmt, moderne Auswüchse des Pop, Dubstep, Tropical und NuBeat so kraftvoll auf den Punkt bringt wie sonst nichts auf dem Album, ist dabei keine Störvariable. Weitere stroboskopophile Tanzaufforderungen wie „Solar System“, „With You“ und „I Do This Everyday“ warten stets mit dem gleichen weltbürgerischen Hauch auf, der schon durch die vielfältigen Akzente und naturbelassenen Percussions manifestiert wird. Da bräuchte es eigentlich gar kein stumpfes Ablesen von Leinentaschen in „I Love London“, das trotzdem genau dort sämtliche Clubs zum Kochen bringen dürfte.

Letztendlich ist es dann das Einbringen tatsächlich unterschiedlicher traditioneller Musikentwürfe, die „Star of Love“ von zahlreichen herkunftslosen Strandtapeten des Tropical zu einem erfrischend echten internationalen Produkt machen. Als die stärksten Titel stellen sich dennoch genau solche heraus, die im internen Remixranking die Nasenspitze voraus haben. Das Blaue vom Himmel in „Beautiful Girl“ relativiert seine Schwächen gleich selbst, „In The Summer“, und noch mehr das fernwehstiftende „Champion Sound“, sind Freiflugtickets in den Süden. An einen Ort, wo sie auf Blogs pfeifen. Gut zu wissen, dass ein Album auch am Strand funktionieren würde.

76

Label: Pias/Different Recordings

Referenzen: Jamaica, Architecture In Helsinki, Miami Horror, Gold Panda, Summer Camp

Links: Homepage | Soundcloud

VÖ: 21.01.2011

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum