Obwohl Emeralds aus Cleveland erst seit 2006 existieren, haben sie – wenn man der Auflistung von Discogs Glauben schenken darf – bereits mehr als 50 Veröffentlichungen vorzuweisen. Ein Großteil davon erschien in Eigenregie in Form von Kassetten oder CD-Rs. Das neue Studioalbum „Does It Look Like I’m Here?“ kommt nun via Editions Mego, dem Label Peter Rehbergs, auf dem jüngst bereits Oneohtrix Point Never in ähnlichen Klanggewässern fischte, und ist ihr bisher zugänglichstes und eingängigstes Werk geworden.

Die massiven Drone-Elemente vergangener Veröffentlichungen wurden in den Hintergrund verbannt und haben Platz gemacht für weniger verrauschte Kompositionen aus Gitarre und Synthesizer. Mark McGuire, John Elliott & Steve Hauschildt gelingt es, instrumentale Klanglandschaften zu erschaffen, in denen sich mitunter ganze Berge repetitiver Melodiebögen zu minutenlangen Kolossen auftürmen, die den Vergleich mit deutschen Krautrockbands der 1970er Jahre wie Tangerine Dream nicht scheuen müssen. Ihre größten Momente haben Emeralds in diesen ausufernden Stücken wie dem titelgebenden „Does It Look Like I’m Here?“ und dem 12-Minüter „Genetic“, welche durchaus Elemente mit zeitlosem Klassiker-Potential in sich tragen.

Die meisten der Songs sind allerdings kürzer und kompakter, trotz ihrer Dichte oft klar und schillernd wie der Bandname es bereits suggeriert, während treibende Stücke wie „Double Helix“ oder „It Doesn’t Arrive“ eher von ihrer Reduziertheit leben. In diesen Momenten sind die Elektropioniere wie Klaus Schulze, Manuel Göttsching oder Brian Eno nicht weit. Da letztlich aber nur die beiden oben genannten Songs die 5-Minuten-Marke überschreiten, ist bereits ein Problem dieses Albums ausgemacht: Einzelne der kürzeren Stücke versanden, kommen nicht so zur Entfaltung oder dienen lediglich dem übergeordneten Spannungsaufbau – Fastfood-Freunde dürften hiermit so ihre liebe Mühe haben.

Erwähnt werden muss auch, dass „Does It Look Like I’m Here?“ trotz all der regressiven Elemente und den unleugbaren Anleihen in der frühen elektronischen Musik dennoch unglaublich modern wirkt und bereits Vergangenes futuristisch anstreicht. Dabei klingen Emeralds lebendiger und wärmer als viele ihrer Zeitgenossen und drohen zu keiner Zeit, in der Masse an Drone-, Ambient- oder Psychedelic-Alben der letzten Jahre unterzugehen, sondern setzen vielmehr willkommene neue Reizpunkte.

74

Label: Editions Mego

Referenzen: Klaus Schulze, Manuel Göttsching, Tangerine Dream, Brian Eno, Oneohtrix Point Never

Links: Label, Mark McGuires Blog

VÖ: 08.06.2010

4 Kommentare zu “Rezension: Emeralds – Does It Look Like I’m Here?”

  1. Die erste Hälfte finde ich grandios, auch die kürzeren Nummern. Die Sachen nach dem Titelstück können da leider nicht mithalten, auch fehlt mir bei der Platte eine übergreifende Struktur wie sie die Oneohtrix hatte (oder ich hab sie nur nicht erkannt).

  2. Constantin Ruecker sagt:

    Eine richtige übergeordnete Struktur gibt’s wirklich nicht. Allerdings lässt sich in der ersten Albumhälfte schon etwas Strukturähnliches erkennen, da auf die treibenden Songs quasi immer ruhigere Nummern folgen und so von Anfang an eine gewisse Dynamik zwischen den Liedern erzeugt wird. Das hat schon irgendwie Konzept, wird am Ende des Albums allerdings auch nicht mehr aufrechterhalten.

  3. […] Echo And The Bunnymen, Comet Gain und einen Auftritt von Caribou verpasst. Dann mussten eben Emeralds den Anfang machen. Und die instrumentalen Stücke der drei Amerikaner sollten sich vorzüglich […]

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